Buchrezension: Trans*innen? Nein danke!

Warum wir Frauen einzigartig sind und bleiben
von Eva Engelken

Nun ist es über ein Jahr her, seit ich meinen letzten Artikel schrieb. Es gibt einige Gründe für meine Schreibpause, einer davon ist, dass ich mit zunehmendem Entsetzen und Sprachlosigkeit zusehe, wie eine ausgesprochen, ich muss wirklich sagen dumme Ideologie sich der Gesellschaft bemächtigt: Die Trans- und Genderideologie. In meinem Blog kläre ich über psychologische und zwischenmenschliche Zusammenhänge auf, die mit dem Patriarchat zu tun haben. Es ist mir ein Anliegen, die Dinge klar, nüchtern und deutlich zu benennen und zu definieren. Doch das scheint immer weniger von den Menschen in dieser Gesellschaft angestrebt zu werden. Statt Klarheit und Wissen herrscht Verwirrung und Irrglaube.

Doch nun hat Eva Engelken ein Buch heraus gegeben, das glaskar die derzeitigen ideologischen Verstrickungen und die immense Gefahr, die daraus vor allem für Frauen und Kinder entstehen, heraus arbeitet. An Beispielen aus dem Alltag schildert sie zunächst Begebenheiten, die den LeserInnen vor Augen führen, was schon jetzt in unserer Gesellschaft passiert: Ein Mann, der vorher Ehemannn und Vater war, identifiziert sich plötzlich als Frau, und umgekehrt eine Mutter plötzlich als Mann. Das Kind darf zu Mama nicht mehr Mama sagen, sondern muss sie Papa nennen, weil sie jetzt einen Bart und keine Brüste mehr hat. Papa/Mama dagegen holt das Kind in Stöckelschuhen und Minikleid vom Sport ab. Eine Ehefrau entdeckt, dass ihr Ehemann ihre Unterwäsche und Kleider anzieht, weil er das sexuell erregend findet. Eine Mutter kämpft mit der Überzeugung ihrer Tochter, sie sei trans und in Wirklichkeit ein Junge. Deshalb möchte sie mit ihrem männlichen Vornamen angesprochen werden. Von einer Psychologin wird das Mädchen noch darin bestärkt und der Mutter angeraten, „ihren Sohn“ zu unterstützen. Die letzte Konsequenz könnte in einer so genannten Transition der Tochter enden.

Diese Geschichten sind zum Teil authentisch und keine Einzelfälle. Eva Engelken beschreibt, wie die massive Zunahme der Trans- und Queerfälle das Ergebnis systematisch eingeführten Marketings sind, allen voran aus den USA, Neuseeland und Großbritannien. In Deutschland ist die Ampelkoalition gerade dabei, die Queerideologie durch das geplante Selbstbestimmungsgesetz zu installieren, wodurch bereits ohne Zustimmung der Eltern ab 14 Jahren eine Geschlechtsänderung per reinem Sprechakt möglich sein soll. Die geschlechtsangleichenden Operationen sollen die Jugendlichen ebenfalls selbst treffen können, ebenso die Hormontherapie durch Pubertätsblocker, was einen irreversiblen körperlichen Eingriff darstellt. Die Autorin beschreibt nicht nur die massiven körperlichen Auswirkungen auf die Jugendlichen, sondern auch die Ängste der Eltern, kein Mitspracherecht mehr bei solchen Entscheidungen zu haben, sowie den Druck, der sich gesellschaftlich auf allen Ebenen aufbaut. Kinder schämen sich ihrer Dragqueenväter, werden im Kindergarten bereits mit lasziv tanzenden Dragqueens konfrontiert, und transitionierte junge Erwachsene, welche ihre Transition bereuen, werden immer häufiger, denn die enormen Nebenwirkungen wie Unfruchtbarkeit, Entzündungen, verlangsamtes Wachstum, Osteoporose, Herzerkrankungen etc. werden nicht erwähnt. Von den psychischen Auswirkungen ganz zu schweigen. Kurz: Es zeichnet sich ein immenser medizinischer Skandal ab, sollte dieses Gesetz wirklich verabschiedet werden.

Dies ist nicht der einzige Kollateralschaden, der auf uns zukommt. Da in der Genderideologie der Glaube herrscht (der als Tatsache hingestellt wird), Geschlecht sei ein Spektrum, werden alle, die sagen, dass es nur zwei Geschlechter gibt, als transphob und transfeindlich hingestellt, mehr noch, als menschenfeindlich bis faschistoid. Die Ideologie schreibt jedem Individuum eine eigene Geschlechtsidentität zu. Dadurch werden die Begriffe Mann und Frau obsolet. Frauen können, da es ja keine mehr gibt (außer die „echten“ Frauen natürlich, die Transfrauen), keinen Anspruch mehr erheben auf eigene Räume, eigene Toiletten, eigene Umkleiden oder eigene Sportwettkämpfe. Lesben werden genötigt, Transfrauen (Männer mit Penis) als Lesben anzusehen. Narzisstische Männer, die sich als Frau bezeichnen, können ohne Konsequenzen in Frauenräume eindringen und dort ihre Fetische ausleben auf Kosten der Frauen. Sich als Frau bezeichnende Männer können sich in Frauengefängnisse verlegen lassen, obwohl sie verurteilte Vergewaltiger sind. Und dort fröhlich weiter vergewaltigen. Die Autorin macht sehr deutlich, welch enormes Missbrauchspotenzial im geplanten Selbstbestimmungsgesetz liegt, doch darüber wird weder parteiintern noch öffentlich diskutiert. Die Mehreit der Bevölkerung weiß nicht, was auf sie zukommt. Der Eindruck ist berechtigt, dass dieses Gesetz unter dem Radar durchgewunken werden soll.

Weiter beschreibt die Autorin, wer ein Interesse daran hat, dass ein solches Gesetz in Kraft tritt. Natürlich spielt bei solchen unterschwellig installierten Programmen immer Geld die größte Rolle. Ein Netz von finanzstarken Unternehmen und Gesellschaften fördert zum Zweck der Gewinnmaximierung, z. B. in der Pharmaindustrie, alle Bestrebungen der Umsetzung dieser Ideologie. Ein weniger materieller Grund ist der alte Menschheitstraum, die Natur zu überwinden. Daher gibt es nicht nur Ideen, Gebärmütter in Männerkörper zu transplantieren, sondern sogar künstliche Gebärmütter zu erschaffen. Das würde Frauen dann endgültig überflüssig machen. Um die Ideologie umzusetzen, beschreibt Eva Engelken diverse manipulative Strategien, wie kultische Indoktrination, Propaganda und Aufstellung von Glaubenssätzen, Verbot von Kritik. Die Ideologie wird ähnlich installiert wie eine Religion oder das Manifest einer Sekte, bei dessen Durchsetzung am Ende Bedrohung, Diffamierung, Mobbing und Gewalt stehen.

Warum das alles? Eva Engelken beschreibt weiterhin sachlich und klar die körperlichen Gegebenheiten der Frauen und warum diese in der Natur mit der Female Choice ausgestattet sind: Weil sie zu jenem Geschlecht gehören, welches das neue Leben produziert. Vor allem stellt sie die Bedeutung der Frau im Vergleich zum Mann in diesem Zusammenhang klar, welche nämlich weitaus größer ist als im Patriarchat dieser Gesellschaft bekannt und verbreitet ist. Apropos Patriarchat: In einem großen Bogen beschreibt sie die Menschheitsgeschichte von der neolithischen Revolution bis zur heutigen Zeit, in der die Ehe immer noch die Basis des Patriarchats darstellt, da sie die Frauen isoliert und ihre Female Choice aushebelt, zum Zwecke des Besitzanspruchs des Vaters sowohl an der Frau als vor allem an ihren Kindern. Die Auswirkungen des heutigen Patriarchats auf Mütter, insbesondere alleinerziehenden, sind nach wie vor katastrophal. Mütter kommen im Patriarchat regelmäßig in mehr oder weniger prekäre Zwangslagen.

Die Frauenbewegung der letzten hundert Jahre hat es immerhin geschafft, den Männern klarzumachen, dass Frauen eigenständige Wesen sind, welche sich den Mann selbst aussuchen und dass sie dem Mann ebenbürtig sind. Doch die Autorin sieht, wie ich selbst übrigens auch, dass den Männern das noch keineswegs klar ist, im Gegenteil: Das Erniedrigen, Benutzen, Unterwerfen von Frauen zeigt sich deutlich in der als Empowerment euphemisierten Prostitution und das Verharmlosen von Pornos, die immer brutaler werden und aus denen Mann lernt, wie er vermeintlich mit Frauen umgehen muss und was sie zu mögen haben. Ganz abgesehen von den Misshandlungen der Darstellerinnen. Ebenso ist ein patriarchaler Missbrauch an Frauen und Kindern durch die Leihmutterschaft gegeben. Da ändert das euphorische Jubeln homosexueller oder ungewollt kinderloser Paare, die sich für tausende von Euro ein Kind gekauft haben, leider gar nichts dran.

Doch trotz aller deprimierenden Tatsachen gelingt es Eva Engelken, Ideen zu formulieren, die Lage der Frauen doch noch zu verbessern. Denn immerhin ist es bisher keiner Religon oder Ideologie gelungen, den Fortbestand der Spezies Mensch ohne Frauen zu bewerkstelligen. Angemessene Bezahlung der immer noch nicht als „richtige“ Arbeit angesehenen und daher kostenlos geleisteten Care-Arbeit zum Beispiel. Das Besinnen der Frauen auf das, was sie wirklich wert und dass sie einzigartig sind. Und zu guter Letzt die überall propagierte und eingeforderte Vielfalt darin erkennen, wo sie wirklich zu finden ist: In der unendlichen Varianz der Natur.

Drei notwendige Dinge zur Abschaffung des Patriarchats

Kürzlich machte ich wieder einmal Erfahrungen mit der Gnadenlosigkeit patriarchaler Frauen, die sich massiv angegriffen fühlten aufgrund eigener vorschneller Missinterpretationen. Frauen fühlten sich von mir bedroht, weil ich auf etwas hinwies, was ihnen nicht gefiel und etwas kritisierte, wo sie sich zu Unrecht kritisiert fühlten. Sehr schnell wurde ein Konflikt daraus, dessen Ende (obwohl er natürlich nicht zu ende ist, denn er wurde ja nicht gelöst) war: Ich war die Täterin, die sich auch noch als Opfer stilisierte. Eine Klarstellung war nicht möglich, ich bekam dermaßen unreflektierte und wütende Antworten voller Unterstellungen, Abwertungen, Beleidigungen und sogar Drohungen, dass ich mich gezwungen sah, mich für eine Weile zurück zu ziehen. Um mich an dieser Stelle zu schützen und keine Persönlichkeitsrechte zu verletzen, behalte ich Details für mich.

Dieses Beispiel, ich komme später noch einmal darauf zurück, hat mir einmal mehr vor Augen geführt, dass es nicht reicht, sich einfach nur mit den Fakten des Patriarchats zu beschäftigen, sondern dass es ganz wichtig ist, sich selbst als Teil von diesem zu begreifen mit allen gelernten Überzeugungen, Verhaltensmustern, Denkweisen, ja Ideologien und Verblendungen. Daher sind meiner Erkenntnis nach drei Dinge zwingend notwendig, um das Patriarchat in seiner Gänze zu begreifen und Ansätze zu finden, es abzuschaffen:

1. Wissen um die Entstehung und die Auswirkungen des Patriarchats

Zu diesem Thema haben andere und ich schon so viel geschrieben, dass ich mich hier ganz kurz fasse: Seit ungefähr 8000 Jahren existiert das Patriarchat. Es entstand aus verschiedenen Gründen, u. a. durch Missverständnisse bei der Beobachtung der natürlichen Vorgänge, durch Installieren der Vaterschaft, durch Besitz- und Privateigentum, durch Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und der female choice der Frauen. Seit dem nimmt es seinen zerstörerischen Lauf und ist auch nicht, so wie es derzeit aussieht, aufzuhalten. Die Auswirkungen auf den Planeten und die Menschen sind nicht zu übersehen, auch auf deren Psyche nicht. Diese muss noch einmal genauer betrachtet werden:

2. Wissen um die (gestörte) Psyche der Menschen im Patriarchat

Alle Menschen sind im Patriarchat gestört, da sie ihrer natürlichen Lebensweise beraubt sind. Die Menschen tragen allesamt eine Sehnsucht in sich und wissen noch nicht einmal wonach. Sie sind Mangelwesen, deren Bedürfnisse nach Gemeinschaft, Nähe, Fürsorge, Vertrauen, Geborgenheit nicht oder nur rudimentär befriedigt sind. Diese Bedürfnisse entspringen der natürlichen Lebensweise des Menschen, der Matrifokalität, die seit der Erfindung des Vaters mehr und mehr unterdrückt wurde. Zu den natürlichen Verhaltensweisen und Gefühlen haben die Menschen keinen Zugang mehr. Ich erlebe es auch immer wieder bei der therapeutischen Arbeit in Frauengruppen, wie sehr manche Frauen von ihren Gefühlen abgeschnitten sind, sie überhaupt nicht spüren oder aber, wenn sie hochkommen, sofort bewerten und verdrängen. Diese Bewertungen der eigenen Gefühle sind aus dem Patriarchat entstanden, denn sie stehen im Widerspruch zu dem, was wir eigentlich fühlen. Von Kindesbeinen an wird gerade uns Frauen eingetrichtert, unseren Gefühlen nicht zu vertrauen, denn diese seien falsch. Unsere Wahrnehmung wurde uns abgesprochen, denn so, wie wir es wahrnahmen, war es in Wirklichkeit gar nicht, wir würden uns das alles nur einbilden, wurde uns eingetrichtert. So begannen wir, unseren Gefühlen zu misstrauen, sie zu verdrängen und nur noch das zu glauben, was man uns über uns sagte. Das ist auch der Grund, warum andere Menschen, gerade Männer gegenüber Frauen, glauben, besser über uns Bescheid zu wissen als wir selbst. Wir lernten neue Überzeugungen, Regeln, Verhaltensweisen, die im Widerspruch zu unseren wahren Gefühlen standen. Deshalb verschütteten sie, und der Zugang ist nicht oder nur noch eingeschränkt möglich. Doch um die eigenen Gefühle, Verhaltensweisen, Überzeugungen aufzuspüren, abzulegen, zu ändern und zu befreien, ist es notwendig, sich mit dem nächsten Punkt zu befassen:

3. Permanente Selbstreflexion

Die Tatsache, dass wir selbst, also auch wir Frauen, uns permanent patriarchal verhalten und deshalb genau dieses immer wieder überprüfen müssen, ist eine sehr schmerzhafte Erkenntnis, sind doch wir es, die wir am heftigsten darunter leiden und am vehementesten dagegen kämpfen. Dennoch ist sie zwingend notwendig, und sie ist ein lebenslanger Prozess. Ich behaupte sogar, sie ist als allererstes zu leisten, damit muss begonnen werden, denn Veränderung kann nur aus dem Inneren geschehen. Die Abschaffung des Patriarchats fängt in den Köpfen an. Dazu gehört das Bewusstsein, dass dieser Kopf durch die jahrtausendelange Gehirnwäsche durch und durch patriarchal denkt. Weil der Kopf patriarchal denkt, handelt der Mensch auch patriarchal. Da Männer wie Frauen im Patriarchat durch die ihnen zugeschriebenen Rollenbilder zwangssozialisiert wurden, handeln und denken sie in diesen Rollenbildern. Wie Männer zu sein haben, wie Frauen zu sein haben, wurde uns schon als Kind eingetrichtert. Das passiert heute noch und wird eher schlimmer als besser. Die Rollenklischees bringen uns patriarchalen Menschen bei, dass Männer die Norm und das Weibliche nichts wert ist.

Aus diesen Rollenverhältnissen entstehen Konflikte, nicht nur zwischen Männern und Frauen, sondern auch und gerade zwischen Frauen, die sehr heftig ausfallen können. Sie wurzeln in den Widersprüchen und Defiziten, die wir in uns tragen, aber auch in den Verletzungen, die uns immer wieder von anderen Menschen zugefügt wurden. Diese seelischen Wunden machen sehr empfindlich, daher ist es auch sehr schwierig, sie zu heilen. Um Wunden heilen zu können, müssen sie zunächst in Augenschein genommen werden, und allein das kann schon weh tun. Daher ist Selbstreflexion auch immer ein Heilungsprozess, aber ein schmerzhafter, der zumindest anfangs oft nicht ohne therapeutische Hilfe gegangen werden kann. Mit der Zeit, je mehr Wunden geheilt und problematische Verhaltensweisen und Überzeugungen abgelegt wurden, desto leichter wird es, mit den eigenen Fehlern und denen der anderen umzugehen. Schmerzen wird es immer wieder geben. Sie werden jedoch erträglicher, je reflektierter die Frau wird. Sie kann sich selbst besser annehmen und akzeptieren und wird sich selbst und andere weniger oft abwerten. Schuldgefühle hat sie besser im Griff oder schon weitestgehend abgelegt. Dadurch ist sie auch besser gegen die Reaktionen weniger oder gar nicht reflektierter patriarchaler Frauen geschützt.

Konflikte können gelöst werden, wenn die Parteien dafür offen sind. Das setzt voraus, dass sich alle darüber bewusst sind, was zu tun ist, wenn es um die Lösung eines Konflikts geht. Zur Selbstreflexion gehört auch Kritikfähigkeit. Diese wird vernebelt, sobald in einer Kritik ein vermeintlicher Angriff enthalten ist. Selbstreflektierte Menschen wissen das und können sich der Kritik, ohne sich angegriffen zu fühlen, öffnen. Wie im obigen Beispiel zu sehen war, ist das dort gründlich schief gegangen. Hier greift wieder meine Erkenntnis über das Sender-Empfänger-Modell: Die Empfängerin muss sich um Verständnis bemühen, wenn sie eine Botschaft verstehen will. Hört sie aber immer nur das heraus, was sie hören will, wird die Sachebene verlassen, die Beziehungsebene kommt ins Spiel und die Kommunikation geht schief, weil Sender und Empfänger auf verschiedenen Frequenzen kommunizieren.

Tägliche, permanente Selbstreflexion will gelernt sein. Sie setzt die Absicht voraus, an sich selbst zu arbeiten. Arbeit ist anstrengend, sie verlangt Pausen, es scheint auch mal rückwärts zu gehen, dann denkt frau, dort schon längst gewesen zu sein, doch in Wirklichkeit ist sie nur ein Stockwerk höher gegangen und guckt von oben zurück. Stück für Stück, je mehr die Frau (den Männern bleibt es auch nicht erspart, aber sie müssen es für sich selbst tun) sich selbst und ihrem Wesen näher kommt, wird sich der schmerzhafte Nebel lichten, den das Patriarchat über unseren Geist gelegt hat. Am Ende zeigt sich Klarheit, die zu einer bewussten Haltung führt. Auch das ist nicht leicht zu realisieren, denn es wird deutlich, dass es nur wenige andere gibt, die diesen Weg bereits hinter sich haben. Aber er muss gegangen werden. Von allen. Und irgendwann werden wir alle dort sein. Dies wird der Zeitpunkt sein, an dem das Patriarchat abgeschafft sein wird.

Solidarität unter Frauen im Patriarchat

Oder: Was fehlt

Inzwischen bekommen immer mehr Frauen mit, in welcher Art von Gesellschaft sie leben, nämlich im Patriarchat. Auch, wie es entstand und welche verheerenden Auswirkungen es auf Mensch, Tier und Umwelt hatte und hat, wird immer mehr Frauen (und auch Männern) bewusst. Das Patriarchat ist eine Fehlentwicklung der Menschheit seit ungefähr achttausend Jahren. Unglückliche Umstände wie Klimawandel und Hungersnöte, Naturkatastrophen mit daraus resultierenden Völkerwanderungen, aber auch große Missverständnisse haben dazu beigetragen, dass es entstehen konnte. Es funktionierte und funktioniert heute noch. All die hochgehaltenen zivilisatorischen, technischen und kulturellen Entwicklungen und Errungenschaften der heutigen Zeit entstammen dem Patriarchat. Doch auf welche und wessen Kosten? Und wie würde die Menschheit, die Natur, die Erde heute aussehen, hätte es das Patriarchat nie gegeben?

Dass es auf Kosten der Frauen, der Natur, der Umwelt und der Tiere ging, ist unübersehbar. Die eine Hälfte der Menschheit wurde Jahrtausende lang in jeder Hinsicht ignoriert, sei es in der Kultur, in der Wissenschaft, in den Künsten, in der Philosophie. Auch heute wird Frauen, die Missstände benennen und ansprechen, eher kein Gehör geschenkt. Weiblichen Opfern männlicher Fehlverhalten bis Verbrechen wird erst geglaubt, wenn es viele sind. Die Stimme einer einzigen Frau zählt nicht halb so viel wie die eines Mannes. Diese Fakten allein lassen vermuten, dass es an der Zeit ist, dass Frauen sich endlich zusammen tun, sich solidarisieren und gegen den Wahnsinn des Patriarchats gemeinsam aufbegehren.

Aber das Gegenteil ist der Fall. Es gibt unzählige Strömungen des Feminismus, von liberal über queer bis radikal, und alle bekämpfen sich gegenseitig. Erst vor kurzem hat sich die Patriarchatsforschung und -kritik formiert, noch nicht einmal als Spielart des Feminismus, denn sie ist radikaler als der Radikalfeminismus, steht ihm sogar gegenüber, denn aus Sicht der Patriarchatskritik ist der Feminismus nur eine von vielen Spielarten des Patriarchats. Das gilt insbesondere für den liberalen und den Queerfeminismus. Von den Frauen, die selbst den Feminismus ablehnen, will ich hier gar nicht reden.

Die Frauen sind sich also uneinig, sie sind inhomogen und bekämpfen sich bis aufs Blut, statt sich zusammen zu tun und gegen die Unterdrückung aufzubegehren. Während Männer- und Väterrechtler sich popkorneinwerfend ins Fäustchen lachen und damit einen weiteren Grund haben, alles, was weiblich ist, weiterhin abzuwerten („Wir haben es doch immer gesagt, so ein Zickenkrieg!“). Warum ist das so?

Die Abwertung alles Weiblichen geht nicht nur von den Männern aus, sondern in hohem Maße auch von den patriarchalen Frauen. Sie haben von Kind an nichts anderes gelernt, als dass das Weibliche weniger wert ist als das Männliche. Schon weibliche Säuglinge werden von den Müttern bereits unbewusst anders behandelt als männliche Säuglinge. Sie werden seltener und weniger lang gestillt, weniger lange getragen, länger schreien gelassen, und wenn sie keine pflegeleichten Kinder sind, werden sie erst recht ablehnender behandelt. Die Ablehnung des Weiblichen von Kindesbeinen an untergräbt das Selbstwertgefühl der Mädchen. Hinzu kommt, dass daran, dass sie angenommen werden von Eltern und Bezugspersonen, Bedingungen geknüpft sind. Sie dürfen nicht laut sein, nicht widersprechen, nicht herum toben, sich nicht schmutzig machen und haben lieb, nett und brav zu sein. Diese ganzen Verhaltensweisen werden in der Kindheit geprägt von Eltern, die ihrerseits von ihren Eltern und Großeltern und allen Vorfahren über hunderte und tausende von Jahren geprägt wurden in ihrem patriarchalen Umfeld und ihr emotionales Erbe weiter gaben an ihre Kinder. Auch wenn die heutige Gesellschaft sich dieser rigiden Verhaltens- und Rollenmuster weitgehend entledigt zu haben glaubt, steckt sie noch bis zum Hals darin, und das zieht sich durch alle Schichten.

Frauen haben also gelernt, dass das Weibliche nichts wert ist. Also sind sie selbst auch nichts wert. Das jedoch ist für sie kaum zu ertragen. Also tun sie Dinge, um sich aufzuwerten: Sie verhalten sich normkonform, sind fleißig, brav, nett, zuvorkommend, hilfsbereit, um die so versprochene Anerkennung zu erhalten. Sie übernehmen die ihnen zugetragenen Arbeiten, widersprechen nicht, ertragen Übergriffigkeiten mit einem Lächeln, ignorieren sexistische Verhaltensweisen und zeigen ihren Ärger nicht. Sie behaupten, wenn ihnen wirklich jemand unangemessen kommt, dann wehren sie sich einfach, denn sie sind doch keine Opfer. Sie stehen über den Dingen und lassen es nicht an sich heran kommen. Doch die Frauen, die sich das gefallen lassen, werden von ihnen mit Verachtung gestraft.

Dabei sind sie selbst am wenigsten in der Lage, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren, was unabdingbar nötig ist, um eine Veränderung auch im Äußeren zu bewirken. Frauen, die einmal eine oder mehrere oder viele Psychotherapien gemacht haben, wissen das. Die Veränderung kommt von innen, niemals von außen. Das tiefe Verständnis darum, keinen einzigen anderen Menschen ändern zu können, ist Voraussetzung für die eigene Veränderung. Verändert sich die Frau selbst, haben alle anderen die Chance, ebenfalls sich selbst zu reflektieren und Veränderung an sich selbst herbei zu führen. Diese Verhaltensänderung bewirkt die Veränderung auch im Äußeren, denn das Umfeld reagiert zwangsläufig auf die eigenen Veränderungen.

Leider können diese Reaktionen ziemlich heftig ausfallen. Der Frau (dies gilt natürlich auch für Männer, nicht nur für Frauen, aber bei Frauen ist dies aus verschiedenen Gründen speziell) wird durch die Veränderung der anderen ein Spiegel vorgehalten. Sie sieht, was bei der anderen neuerdings möglich ist, was bei ihr selbst noch nicht möglich ist. Das führt bei ihr zu heftigem Widerstand und Abwehrreaktionen. Diese Abwehrreaktionen treffen nun die Frau, die gerade dabei ist, ihre eigenen Überzeugungen und Verhaltensweisen zu hinterfragen und zu verändern. Sie dienen dazu, diese Veränderungen abzuwerten, damit die unreflektierte Frau sich besser fühlt und an sich selbst nichts verändern muss.

Frauen haben allerdings durch ihr eigenes Leid bessere Chancen, anzufangen, sich selbst zu reflektieren als Männer. Männer werden vom Umfeld ständig bestätigt, Frauen dagegen ständig korrigiert und abgewertet. Zwangsläufig suchen sie fortwährend die Fehler bei sich. Wenn sie aber erst verstehen, dass sie Überzeugungen und Verhaltensweisen trainiert haben, die ihr vom Umfeld eingeimpft wurden, erkennen sie, dass sie diese ablegen können. Dann beginnt die Veränderung bei ihnen selbst.

Wir patriarchalen Frauen legen zwangsläufig patriarchales Verhalten an den Tag, das es zu reflektieren und zu hinterfragen gilt. Wir müssen unser eigenes Fettnäpfchen „patriarchales Verhalten“ endlich abarbeiten. Für die eigenen Fettnäpfchen ist jede selbst verantwortlich, und hier handelt es sich um ein kollektives. Die Männer schleppen ein solches auch mit sich herum, das sie wiederum selbst angehen müssen. Solange dies nicht geschieht, prallen alle Bemühungen um Aufklärung rund um die Fakten und Auswirkungen des Patriarchats immer wieder an der Mauer der Verständnislosigkeit der unreflektierten Mitmenschen ab. Zum Bewusstsein gehört auch die Kenntnis der Psychologie der patriarchalen Menschen. Ohne sie wird es unmöglich sein, es letztlich abzuschaffen.

 

Baum der Erkenntnis

Ich suchte den Baum der Erkenntis.

Verzweifelt herumirrend, fragend, grabend, forschend, vergleichend.

Ich fand ihn.

In mir selbst.

Erst war er ein winziges kleines Pflänzchen, das aus meinen Wurzeln entsprang.

Ich wässerte und pflegte es.

Nun ist es ein Bäumchen, aber es wächst stetig.

Er trägt schon Früchte, und ich ernte sie regelmäßig.

Ich gebe anderen von diesen Früchten.

Manche nehmen sie, manche gierig, manche zögernd, manche dankbar, manche stumm.

Manche werfen sie weit von sich. Manche zertrampeln sie.

Manche geben mir von ihren Früchten. Damit dünge ich meinen Baum.

Er wächst und wächst.

Da wo ich also bin, kann ein Vatergott nicht sein.

Er würde mir mich selbst verbieten.

gruessgoettin

Zweck und Wirkung des Patriarchats

Oder: Warum bisher die besten Absichten, es abzuschaffen, scheiterten


„Patriarchat“ bedeutet „Väterherrschaft“, was jedoch weit darüber hinausgeht. Jeder Mensch in dieser Gesellschaft hat das Wort schon einmal gehört und kennt vermutlich auch dessen Bedeutung, nämlich ein männlich geprägtes soziales System. Jedoch nehmen die meisten es hin, dass sie in einem Patriarchat leben, denn sie sind es gewohnt, kennen es nicht anders und hinterfragen auch nicht, wie es überhaupt dazu gekommen ist. Sie erkennen nicht die massiven Auswirkungen, die es auf die in ihm lebenden Menschen hat. Der Grund liegt darin, dass das Patriarchat selbst, also die in ihm sozialisierten Menschen, dafür sorgt, es als die Norm, etwas ganz natürliches und vor allem gutes anzusehen. Und das geht sogar soweit, dass es inzwischen, vor allem von Maskulisten und Männerrechtlern, völlig geleugnet und als Hirngespinst von Feministinnen angesehen wird.

Wir werden sehen, dass es in Wirklichkeit die Ursache allen Übels und aller Probleme, die die Menschen heutzutage mit sich und ihrer Umwelt haben, ist.

 Zur Entstehung des Patriarchats

Die Entstehung des Patriarchats wird von der heutigen Wissenschaft und herrschenden Lehre weitgehend verschleiert. Es wird suggeriert, dass der Mensch von Natur aus gewaltbereit sei, dass es schon immer die Dominanz des Mannes gab und somit in der Religion den Urvater. Wer sich intensiver mit der Menschheitsgeschichte beschäftigt, wird immer wieder auf die Verbreitung des ideologischen Bildes des keulenschwingenden Steinzeitmannes stoßen, der die erbeutete Frau an den Haaren ziehend in die Höhle schleppt. Mit anderen Worten: Es habe schon immer ein Patriarchat im Sinne von Männervormacht gegeben, das sei etwas ganz natürliches und in der Natur des Menschen verwurzelt. Erst in der heutigen Zivilisation käme es allmählich zu einer Umwandlung, was mit der Emanzipation des modernen Menschen von archaischen Glaubenssätzen begründet sei. Man lebe ja nicht mehr in der Steinzeit und setze sich selbstverständlich dafür ein, die Gleichstellung aller Menschen anzustreben und Frauen ebenfalls beruflich das machen zu lassen, was Männer tun. Selbstverständlich ist die Frau heutzutage voll emanzipiert und hätte in allen Bereichen des Lebens, wenn auch noch nicht ganz, so doch tendenziös dieselben Chancen wie der Mann, der sich umgekehrt auch zunehmend der Fürsorge und Aufzucht seiner Kinder widmet. Das jedenfalls wird uns von Politik und Medien stets suggeriert. Dass die Wirklichkeit anders aussieht, fällt indes immer mehr Menschen auf.

Die Archäologie, Sozialwissenschaft, Kulturwissenschaft, Prähistorische Wissenschaft und Soziopsychologie, die den Blick auf die frühmenschlichen und jungsteinzeitlichen Geschehnisse ohne die Patriarchatsbrille richtet, kommt zu ganz anderen Ergebnissen: Gewalt, Krieg, Kolonialismus, Zerstörung, Macht, Hierarchie, Privateigentum, Kapitalismus und Patriarchat haben ihren Anfang in der Jungsteinzeit, als der Mensch anfing, Tiere zu domestizieren. Davor, und dafür sprechen alle wissenschaftlichen Belege, gab es die längste Zeit eine egalitäre Gesellschaft, die matrifokal lebte. Matrifokalität bedeutet „Mütter im Zentrum“ und spiegelt die gesellschaftlichen Verhältnisse der damaligen Zeit wider: Alles Leben kam von der Frau, der Mutter, Vaterschaft war unbekannt und somit irrelevant (auch ein Umstand, der von bestimmten Leuten vehement geleugnet und abgestritten wird). Die erste Religion, die entstand, war die der Urmutter, was die zahlreichen gefundenen Göttinnenfigurinen belegen. Als die Menschen mit der Domestikation von Tieren die Bedeutung der Sexualität für den Fortpflanzungsprozess erkannten, wurden sie sich auch des Anteils des Mannes daran bewusst. Die herrschende Lehrmeinung behauptet indes steif und fest, dass der Mensch dies schon immer wusste, ohne jedoch die Frage beantworten zu können: „Woher denn?“ Es gibt nicht einen archäologischen Beweis, der diese Annahme untermauert. Im Laufe von Jahrtausenden wurde der männliche Anteil, der Samen (der in Wirklichkeit eher ein Pollen ist, während der Samen von der Eizelle verkörpert wird, weil sie alle Anlagen und Nährstoffe enthält, die nötig sind, um neues Leben hervorzubringen) und der Phallus, immer mehr aufgewertet, bis er, gespiegelt in den heutigen monotheistischen Religionen, völlig überhöht, entmaterialisiert, vermännlicht und vergeistigt wurde. Überhaupt spiegelten die Religionen immer die Herrschaftsverhältnisse der Gesellschaft wider (und nicht umgekehrt, wie es oft mit der Absicht, das Patriarchat zu legalisieren, behauptet wird, man denke nur an das Gottesgnadentum), in der die Frauen, auf den Himmel projiziert die Göttinnen, mehr und mehr abgewertet wurden, bis am Ende keine mehr da war, sondern nur noch eine dem Herrn dienende devote Magd. Religionen und Theologien sind politische von der Herrschaft installierte Mythen, die den Zweck haben und dafür sorgen, dass die Menschen dort bleiben, wo sie sind, nämlich in ihren misslichen Lebensumständen, um nicht auf die Idee zu kommen, die Herrschaft ihrer Obrigkeit anzuzweifeln oder gar gegen sie aufzubegehren.

Was es heute ist

Heutzutage ist das Patriarchat die „herrschende“ und normative Gesellschaftsform, wie die Bezeichnung „herrschend“ schon sagt. Dennoch haben sich bis heute einige matrifokale Kulturen erhalten, wie z. B. die der Mosuo in China. Doch besonders die „hochzivilisierte“ westliche Welt ist schwer von dieser Krankheit befallen, die von einigen treffend als Patriarchose bezeichnet wird. Sie ist eine Gehirnwäsche, die die Menschen in einem kollektiven Stockholm-Syndrom gefangen hält. Weil die Menschheit sich seit Jahrtausenden in der Praxis des Patriarchats übt, ist es als das, was es wirklich ist, für heutige Menschen in seiner ganzen Tiefe und seinem Ausmaß nicht erkennbar. Allenfalls nehmen sie noch die Spitze des Eisbergs, unübersehbar in der Kapitalisierung, der neoliberalen Wirtschaftsordnung oder als Gender Pay Gap wahr, oder vielleicht in der unübersehbaren Frauenunterdrückung in Indien oder in islamischen Staaten. Die Probleme in den westlichen Ländern, die sich in subtilem Alltagssexismus, Prostitutionsliberalisierung oder Familienbenachteiligung auf dem Arbeitsmarkt zeigen, werden gern als First World Problems verharmlost.


Auswirkungen

Frauenunterdrückung

Das Patriarchat schadet Männern wie Frauen. Warum auch den Männern, die es ja am Anfang der neolithischen Kulturrevolution installiert haben? Da Frauen in der Paarungsfamilie, heute als Ehe institutionalisiert, in ihrer freien Sexualität stark eingeschränkt wurden, konnten auch Männer die ihre nicht mehr naturgemäß ausleben. Weil der Mann annimmt, Frauen hätten ihm zu Willen zu sein, was z. B. Ausdruck in der Prostitution findet, die nicht das älteste Gewerbe der Welt, sondern das Gewerbe des Patriarchats darstellt, kann er seinerseits nicht mehr der sich hingebende Geliebte einer Frau sein. Statt dessen nimmt er sich habgierig und mit Gewalt (und/oder mit Geld) das, was er ohne Gewalt auch freiwillig und auf Augenhöhe bekäme, würde er die Frauen nicht als Objekte betrachten, sondern als ebenbürtige Menschen in all ihrer Würde. Weil er das aber gar nicht mehr kann durch die gesellschaftlich installierte Anspruchshaltung auf Gewährung des Beischlafs in der Ehe, leidet er unwissentlich trotz seiner Privilegien. Die Ehe zwingt die Frau, ihm, und nur ihm willig zu Diensten zu sein. Dies kann nicht funktionieren, weil alles unter Zwang, und nichts anderes ist die Institution Ehe, nur unter Widerwillen geschieht. Es ist erst 49 Jahre her, dass der Bundesgerichtshofs in einem Urteil von 1966 diese Unterwerfung der Ehefrau staatsgewaltlich einfordert:

Urteil 1966
Es ist noch gar nicht lange her, da wurde tatsächlich von der Ehefrau Opferbereitschaft verlangt, dem Mann nicht nur ständig zur Verfügung zu stehen, sondern dies auch noch lustvoll zu tun. Die Vergewaltigung in der Ehe wurde erst 1997 strafbar. Das ist so lange her wie mein jüngerer Sohn alt ist!

Durch seine eigene Überhöhung und Abwertung der Frau entwürdigt der patriarchale Mann sich selbst. Doch um gleich dem Pauschalisierungsvorwurf vorzubeugen: Selbstverständlich gibt es Männer, die nicht in den Puff gehen, die Frauen nicht als Objekt sehen oder sich nicht mit Gewalt holen, was ihnen ihrer Meinung nach zustünde. Ich schreibe hier von den schädlichen Auswirkungen des Patriarchats, das trotz seiner umfassenden Durchdringung der menschlichen Gesellschaft diese dennoch nicht vollständig unterjocht hat („Joch“ nennt man das Geschirr, mit dem Zugtiere, vornehmlich Ochsen, vor Wagen eingespannt wurden), denn es gibt auch heute noch matrifokal lebende Naturvölker, die allerdings durchweg patriarchal mehr oder weniger kontaminiert sind.

Sprache

Wer sich die deutsche Sprache genauer ansieht, stellt zudem fest, wie vermännlicht sie ist. Nicht umsonst fordern Feministinnen eine gegenderte Schreibweise, um beide Geschlechter einzubeziehen. Das generische Maskulinum schließt notorisch die Frauen aus. Das männliche ist die Norm, das weibliche die Ausnahme. Befindet sich in einer Gruppe von z. B. Sängerinnen nur ein einziger Mann, sind damit automatisch alle Individuen Sänger.  Aber auch Worte wie Herrschaft lassen keinen Zweifel darüber, wer in dieser Gesellschaft das Sagen hat. Daran ändert auch die Herrin nichts.

Psychologie

Eine patriarchale Gesellschaft lässt sich am Umgang der Menschen untereinander erkennen. Statt Empathie, Freundlichkeit, Aufgeschlossenheit und Offenheit, Gastfreundschaft, Mitgefühl und liebevollem Umgang untereinander sind Machtstreben, Eigennutz, Egoismus, Kaltherzigkeit, Bedürftigkeit, Isolation, Gewalt, Leid, Verantwortungslosigkeit sich selbst und anderen gegenüber, gepaart mit verletzten Selbstwertgefühlen und Minderwertigkeitskomplexen sichtbar. Patriarchale Denkmuster und ideologisch verblendete Menschen sind erkennbar an diesen Verhaltensmustern: Verleugnung, schwammige Formulierungen, Spieß umdrehen bei Kritik, Diskriminierungsvorwürfen, Sich-lustig-machen, Benutzen von Totschlag-Argumenten, Abwertungen und Diffamierungen. Besonders Männer, die mit ihren dem Patriarchat zu verdankenden unverdienten Privilegien konfrontiert werden, neigen dazu, (nicht nur) verbal um sich zu schlagen. Hier ein schönes Beispiel aus einer G+Diskussion, in der ich einigen Herren mal wieder zu sehr auf die Füße getreten bin mit meinen Ansichten:

Dieser Herr hätte es doch bitte gern, dass alles so bleibt wie es ist und die Frauen einfach mal die Klappe halten.
Dieser Herr hätte es doch bitte gern, dass alles so bleibt wie es ist, um weiterhin Spaß zu haben, und dass nervige Frauen wie ich einfach mal die Klappe halten. Übrigens ist meine Zimmerdecke aus Rigips, ich brauche keine HILTI.

Umwelt und Natur

Die fortschreitende Zerstörung der Erde ist die sichtbarste Auswirkung des Patriarchats, auch wenn sie zunächst gar nicht unmittelbar mit ihm in Verbindung gebracht wird. Umweltzerstörung ist die Folge von Überbevölkerung in Verbindung mit Wirtschaftswachstum und Kapitalismus. Dass die Erde dermaßen von der Spezies Mensch übervölkert ist, liegt im patriarchalen Glauben, dass viele Nachkommen zu haben ein Reichtum sei, begründet auf dem Bestreben, das Privateigentum zu vererben, vornehmlich an die Söhne. Die Isolation der Frauen hatte zudem zur Folge, dass sie über ihre Sexualität nicht mehr bestimmen konnten und somit weit mehr Schwangerschaften ertragen mussten, als es ihnen natürlicherweise zugemutet wurde. Die patriarchale und hierarchische Kultur ist die Feindin der (egalitären) Natur.

Feminismus

Der Widerstand gegen die unsägliche Benachteiligung und Unterdrückung von Frauen seit Anbeginn des Patriarchats formiert sich seit rund hundert Jahren und findet im Feminismus Ausdruck. Ohne näher auf die Geschichte des Feminismus einzugehen, hier ein paar Strömungen, die sich heutzutage besonders in den intellektuellen westlichen privilegierten weißen Oberschichten (!) manifestieren:

Liberaler Feminismus: Die Anhängerinnen engagieren sich gegen Alltagssexismus, richten aber ihre Ziele danach aus, wie Frauen am geschicktesten in der neoliberalen Gesellschaft überleben können. Sie fordern dieselben Rechte ein, die Männer haben, und finden, dass es lohnend sei, in einer Welt aus Finanzmärkten, Kapitalismus und Arbeitsmarkt ein gutes Leben zu führen. Deshalb finden sie Prostitution empowernd, weil sie denken, sie sei für Frauen eine prima Chance, ihre Sexualität auszuleben und dafür auch noch Geld zu nehmen, erkennen aber den Sexismus und vor allem die Menschenfeindlichkeit und Würdelosigkeit darin nicht. Außerdem stehen sie auf dem Standpunkt, dass Väter auch Rechte hätten, ohne zu erkennen, dass diese sich bereits seit vielen tausenden Jahren Rechte herausnehmen, die ihnen natürlicherweise gar nicht zustehen (nur kultürlich, die also erst im Nachhinein geschaffen wurden). Sie wollen das Patriarchat abschaffen, ohne dessen Tragweite zu sehen und ohne zu erkennen, dass sie mit ihrer Einstellung dieses umso mehr untermauern und stärken.

Queerfeminismus: Anhängerinnen sind der Ansicht, Geschlecht sei nicht angeboren, sondern sozial konstruiert:

Mit Geschlecht meine ich Sex und nicht Gender, weil Gender ein patriarchalisches Konstrukt ist. Jeder Mensch könne selbst entscheiden, welches Geschlecht er/sie hat. Die Begriffe Mann und Frau vermeiden sie, da sie diese für polarisierend und stereotyp halten und alle Geschlechtsformen, die dazwischen existieren, angeblich ausklammern. Es wird nicht mehr von „Frauen“ gesprochen, sondern von „Menschen mit Uterus“ oder „schwangerwerdenkönnenden Menschen“. Mutterschaft ist problematisch, da diese nach ihrer Ansicht nur eine „Rolle“ darstellt. Damit agieren sie ganz im Sinne des Patriarchats: Mütter sollen keine alleinige Macht mehr haben über das Leben, denn Papa kann auch stillen. Dass der Mensch ein Säugetier ist und wie bei allen Säugetieren die Weibchen die Jungen austragen und aufziehen, wird ignoriert.

shemale
Trans*woman / shemale

Transgendermenschen, die sich z. B. von einem Mann zu einer Frau haben umwandeln lassen, sehen sich davon jedoch diskriminiert. Letztere behaupten darüber hinaus steif und fest, sie seien Frauen, auch wenn sie weiterhin einen Penis besitzen und damit sogar angeben (die Zeichnung links habe ich von einer Transwoman auf Twitter geklaut, der öffentlich mit seinem „big dick“ prahlte und darüber hinaus allen, die nicht seiner Meinung waren, ein „Sterben im Feuer“ wünschte). Frauen, die zu Männern transformieren, gehen mit dem Thema weitaus reflektierter um.

Radikaler Feminismus: Dieser Ansatz geht von allen am tiefsten, scheitert aber oft an gesellschaftlichen Tabu-Themen wie z. B. Islamkritik. Ganz schnell geraten radikale Feministinnen unter das Rassismus-Totschlagargument aus ihren eigenen Reihen, wenn sie z. B. das Tragen von Kopftüchern als ein Merkmal der Frauenunterdrückung des Islam kritisieren. Dann demonstrieren sie ängstlich ihren Antirassismus, in dem sie allzu kritischen Frauen Rassismus vorwerfen. Sie haben noch nicht erkannt, dass die monotheistischen Religionen, wie der Islam eine ist, dazu dienen, die sexuelle Freiheit der Frauen zu unterdrücken und sie in die Isolation zu bringen. Da können gläubige Kopftuchträgerinnen noch so sehr behaupten, sie übten nur ihre Religion aus. Ja, das tun sie, aber sie untermauern damit gleichzeitig das Patriarchat, ohne dass es ihnen bewusst ist.

Allen diesen feministischen Ansätzen, das Patriarchat zu überwinden, ist eines gemein: Sie gehen nicht an die Wurzel. Die Urdiskriminierung ist die der Frau durch das Patriarchat, alle anderen folgten daraus. Wer sich also auf einem der Nebenkriegsschauplätze austobt, wird sich verausgaben ohne eine wesentliche Veränderung zu bewirken, denn wie bei einer Hydra, bei der nach Abschlagen eines Kopfes zwei neue nachwachsen, zeigen sich immer neue Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen, die es „abzuschlagen“ gilt. Gerade kürzlich bekam ich mit, dass Dreadlocks bei weißen Menschen eine Diskriminierung und kulturelle Vereinnahmung der schwarzen Rastafari-Bewegung sei und dass privilegierte Weiße es gefälligst zu unterlassen haben, sich die blonden Haare zu verfilzen, weil sie damit unterprivilegierte Schwarze verhöhnten, genau wie beim Blackfacing. Dass dies ausgerechnet von den weißen studierten privilegierten intellektuellen Feministinnen kommt und nicht etwa von den schwarzen Menschen selbst, ist ein gutes Erkennungszeichen: Beim Abschlagen dieses vermeintlichen Hydra-Kopfes „Rassismus und kulturelle Vereinnahmung“ zeigen sich sofort zwei neue grinsende des Patriarchats: Die Entsolidarisierung von Frauen untereinander und die Ablenkung des Fokus vom eigentlichen Übel, nämlich der Frauendiskriminierung. Auch weiße Frauen sind Frauen und werden in ihrer Gesellschaft diskriminiert und benachteiligt, insbesondere die Mütter. Es ist besonders traurig und ein triefender Sarkasmus des Patriarchats, dass diese sich für ihr Weißsein auch noch rechtfertigen müssen, und zwar ausgerechnet gegenüber Feministinnen.

Außerdem fehlt in der heutigen feministischen Bewegung die Komponente Biologie, denn leider wird immer, wenn sie ins Spiel kommt, unweigerlich Biologismus unterstellt, der aber auch wieder nur eine Konstruktion des Patriarchats ist, um die Biologieargumente als Müll zu entsorgen.

Sehen wir uns die biologischen Gegebenheiten des Menschen genauer an. Es verhält sich natürlicherweise bei vielen Tierarten und auch beim Menschen so, dass dasjenige Geschlecht, das den höheren Elternaufwand hat, in der Natur den Partner wählt. Das ist in den allermeisten Fällen das Weibchen, beim Menschen also die Frau (female choice). Es steht der Frau also natürlicherweise (kultürlicherweise dann nicht mehr) zu, ihren Sexualpartner frei und selbstbestimmt zu wählen. In der Altsteinzeit wurden durch den matrifokalen Zusammenhalt der Frauen in der Sippe männliche Übergriffe auf Weibchen unterbunden. Doch haben sich im Laufe der Patriarchatsgeschichte die Männer mehr und mehr das alleinige Recht genommen, ihre Sexualität frei auszuleben, während das der Frauen eingeschränkt wurde. Aber auch heute noch spüren Frauen, dass sie sexuell massiv eingeschränkt sind und versuchen, sich ihre Selbstbestimmung zu erhalten. Selbst der klägliche Versuch einiger weniger ständig in Talkshows auftretenden „glücklichen Sexarbeiterinnen“, die Prostitution als empowernd und befreiend zu verkaufen, ist im Grunde nichts anderes, als das unbewusste Einfordern des den Frauen natürlicherweise zustehende Recht auf ihre freie Wahl des Sexualpartners. Dass damit das Prostitutionsgeschäft und so die Versklavung tausender osteuropäischer Frauen einher geht, ist der Missbrauch des Patriarchats, der von den ProstitutionsbefürworterInnen billigend, und damit patriarchatserhaltend und -untermauernd in Kauf genommen wird.

Der eigentliche Zweck und seine Mittel

Auf den Punkt gebracht dient das Patriarchat dazu, die Frauen zu isolieren, sexuell zu kontrollieren, ihnen ihre sexuelle Selbstbestimmtheit zu nehmen (female choice), Kontrolle auf ihre Kinder auszuüben, besonders auf die Söhne, die Vaterschaft aufzuwerten und die Mütter zu schwächen. Es ist klar, welchen Menschen das nützt: Den Besitzenden, Mächtigen und Herrschenden. Im heutigen Patriarchat sind das keineswegs mehr nur Männer, auch Frauen können die glühendsten Erzpatriarchen sein. Das Instrument dazu ist die Institution Ehe, die gerade in heutiger Zeit lieber nicht in Frage gestellt wird, da sie unter dem Slogan „Ehe für alle“ auch von homosexuellen Menschen eingefordert wird. Stellt man jedoch die Ehe in Frage, bekommt man in diesem Zusammenhang zu hören, anmaßend und homophob zu sein. Einer der hinterhältigen und leider wirkungsvollen Tricks des Patriarchats, zu verhindern, sein bestes Unterdrückungsinstrument in Frage zu stellen, aber vor dem heutigen zeitgemäßen Wunsch, die Diskriminierung homosexueller Menschen zu bekämpfen, ist genau deshalb nicht erkennbar. Diese Art von blinden Flecken finden sich zuhauf: Vermeintliche Befreiung der Frauen in der Prostitution, vermeintlicher Rassismus und Islamophobie beim Kritisieren des Islam, vermeintlicher Männerhass bei Benennung vom Sexismus und vieles mehr.

Ein verstörendes Beispiel

Patriarchalisch konditionierte Menschen, Männer wie Frauen, dienen unbewusst und zwangsläufig dem System, ob sie wollen oder nicht, auch dann, wenn ihre Intention eigentlich ist, das Patriarchat abzuschaffen. Deshalb ist es fast unmöglich, dass sich Frauen mit unterschiedlichen Bewusstseinszuständen untereinander solidarisieren können, sondern sich gegenseitig bekämpfen. Das macht selbst bei denen nicht halt, die sich nach eigener Aussage schon Jahrzehnte lang aktiv mit Patriarchatskritik beschäftigen. Im Patriarchat geht es um Machtausübung über andere, der selbstverständlich auch Frauen erliegen. Hier ein verstörendes Beispiel, wie ausgerechnet eine Patriarchatskritikerin auf meine beiden Texte „Problematische Verhaltensweisen“ und „Begegnung auf Augenhöhe“ reagiert:

Diese Frau hat nicht nur meine Texte und Intentionen komplett missverstanden, sie meint, genau zu wissen, wie tief ich selbst noch im Patriarchat stecke. Sie macht das fest an meiner Eigenschaft als klassische Sopranistin. In ihrer vermeintlichen mütterlichen Autorität, die nichts anderes ist als Machtausübung, meint sie, sich über mich erheben zu können und ich ihre Unterstellungen und Abwertungen, die sie als Ehrlichkeit euphemisiert, als Chance zu sehen und dafür auch noch dankbar zu sein hätte. Sie unterstellt mir einen Opferstatus, aus dem ich nicht heraus wolle und den ich mit meinen Texten zu rechtfertigen suche, schlimmer noch, den Tätern damit auch noch Schutz zu gewähren (das Gegenteil ist der Fall). Und sie ist sich nicht zu schade, mich und meine Musik öffentlich zu diffamieren („Lieb-Mädchen-Gedödel“ ist schlicht eine Unverschämtheit). Als Krönung zitiert sie auch noch jene Person, die sie vorher als VerräterIn beschimpfte und in schamloser Weise verleumdete, in dem sie deren persönlich an sie gerichtete Mail öffentlich stellte, abwertende Spekulationen über sie verbreitete und ihr durch Blocken keine Chance zur Klarstellung gab.

Übergriffiger kann sich jemand kaum verhalten. Dieses Beispiel zeigt überdeutlich, wie schwer es ist, den patriarchalen Kontaminierungen und Unterwanderungen zu entgehen. An dem Kommentar können aufmerksame Leserinnen meines Blogs eine ganze Palette an problematischen Aussagen erkennen und wer sich hier als eindeutige Täterin outet. Interessant auch immer wieder zu beobachten, dass sich Leute ein Urteil erlauben über eine Person aufgrund der Informationen, die diese Person von sich preisgibt, ohne zu berücksichtigen, dass das nur ein Milliardstel von dem ist, was diese Person wirklich ausmacht. In meinem Fall werde ich auf den Status „klassische Sängerin, die zu doof ist, die christlichen Texte, die sie singt, im patriarchalen Kontext zu durchschauen“ reduziert. Dass ich Ingenieurwesen studiert habe und damit der Wissenschaft näher bin als es den Anschein hat, ahnt der gesamte (ausschließlich weibliche!) Mob, der aufgrund des obigen Urteils danach tagelang über mich herzog, nicht im entferntesten.

Doch bei allem Kopfschütteln über so viel Ignoranz und Empathielosigkeit: Es ist das Patriarchat, das uns Frauen zu solchen Aktionen verleitet, sind wir doch seit Jahrtausenden in einer kollektiven Zwangslage. Meistens passiert so etwas, wenn Angst im Spiel ist, irgend etwas zu verlieren, z. B. Kompetenz (und die Macht, die damit verbunden ist). Deshalb entschuldige ich das Verhalten dieser Frau zwar nicht, aber erkläre es damit, dass sie eben wie die meisten Menschen, genau wie ich selbst lange Zeit auch (und wahrscheinlich sogar auf manchen Gebieten noch immer), patriarchalen Verhaltensmustern unterliegt. Als Patriarchatskritikerin hat sie sich damit für mich disqualifiziert, widerspricht sie doch mit so einem Verhalten ihrem eigenen Anspruch. Ich finde das ziemlich ärgerlich, denn es ist mal wieder ein Tiefschlag gegen die Bemühungen, das Patriarchat bloßzustellen, und zwar ausgerechnet dort, wo der Ansatz eigentlich äußerst vielversprechend ist, nämlich in der Klarstellung der Menschheitsgeschichte; andererseits aber auch ein typisches Beispiel dafür, warum auch hier der Versuch scheiterte, einen gemeinsamen Konsens zu finden und warum das Patriarchat mal wieder gewonnen hat. Deshalb ist es so enorm wichtig, sich nicht nur diese problematischen patriarchalischen Verhaltensweisen bewusst zu machen, sondern wirklich nicht einen einzigen Aspekt zu übersehen. Andernfalls ändert sich gar nichts, im Gegenteil, der Patriarchats-Hydra wachsen immer mehr Köpfe.

Resumee

Das Patriarchat nachhaltig abzuschaffen setzt das umfassende und kollektive Erkennen und Verstehen voraus. Wird auch nur ein Aspekt nicht erkannt, besteht die Gefahr, in genau die Falle dieses Aspekts zu tappen (der abgeschlagene Hydra-Kopf wächst doppelt nach). Das Patriarchat zu bekämpfen ist in der Tat nichts für Dünnbrettbohrer, denn es ist ein dickes Brett. Ein verdammt dickes Brett: Es verschleiert und tarnt sich, wo es nur geht. Noch sind die in der Mehrzahl, die die Benennung des Patriarchats in all seinen Facetten als Verschwörungstheorie abtun und es auf vielen Ebenen verleugnen. Doch es reicht nicht, ein Gebirge abtragen zu wollen, in dem man am Fuß eines Berges kratzt, denn das Patriarchat ist schlau. Es versteht brilliant, alle Bemühungen, die Frauen aus ihrer Isolation und in ihre ursprüngliche und natürliche Kraft und Stärke zurück zu bringen, damit die Natur und die Erde zu retten und allen Menschen (ja, auch den Männern!) ein würdiges Leben zu ermöglichen (und nur darum geht es letztendlich!), für seinen Zweck zu missbrauchen.

Dieser Zweck ist, den Status Quo zu erhalten. Koste es was es wolle.

Weiterführende Quellen:
Gerhard Bott: "Die Erfindung der Götter", www.gerhardbott.de
Gabriele Uhlmann: "Archäologie und Macht",  www.gabriele-uhlmann.de
Sarah Blaffer Hrdy: Mütter und andere
Stephanie Gogolin: Alltag

Was Feminismus nicht ist

Feminismus ist nicht:

  • Männerhass
  • Besser sein zu wollen als die Männer
  • Genau so werden zu wollen wie die Männer
  • Dieselben Privilegien haben wollen wie die Männer
  • Sich mit dem Patriarchat arrangieren
  • Sich mit dem Kapitalismus arrangieren
  • Frauen als die besseren Menschen ansehen
  • Stereotype Rollenbilder leben
  • Sich nicht für die Menschen einsetzen, sondern für das System
  • Sich verbiegen für das System
  • Menschen nicht auf Augenhöhe begegnen
  • „Sexpositiv“ oder „sexnegativ“
  • falsche Selbstbestimmtheit und Freiheit innerhalb des Systems
  • Gleichmacherei
  • Geschlechterleugnung
  • Mütterbashing

Daraus ergibt sich ganz automatisch, was Feminismus also ist: Eine Bewegung, die das bestehende System in Frage stellt und abschaffen will (also vornehmlich das Patriarchat sowie den Kapitalismus), mit dem Ziel, respektvolle Augenhöhe zwischen den Geschlechtern (und allem, was dazwischen existiert) zu schaffen. Das ist alles.

Wird aber derzeit gerade von vielen Menschen, die sich FeministInnen nennen, völlig missverstanden. Die  kriegen das mit der Augenhöhe nicht hin, finden häppy Sexwörk toll oder, dass Geschlecht ausschließlich eine soziale Konstruktion ist.

 

Das Pro-Prostitutions-Bullshit-Bingo

Heutzutage ist es für die junge Generation der FeministInnen en vogue, sich für Prostitution einzusetzen. Und zwar für Prostitution, nicht etwa nur für die Prostituierten. Die Gründe: Diese brauchen natürlich die Prostitution, um ihrem Beruf nachgehen zu können. Würde die Prostitution verboten oder auch nur der Kauf von sexuellen Dienstleistungen, wäre damit den SexworkerInnen die Lebensgrundlage entzogen. Deshalb versteht es sich von selbst, sich also dafür einzusetzen, dass die SexworkerInnen bessere Arbeitsbedingungen erhalten, dass die Stigmatisierung ein Ende hat und dass selbstverständlich jede Frau das Recht auf Selbstbestimmtheit genießt, wenn es um ihren Körper geht. Das gilt sowohl für die Ausübung als selbstbestimmte SexworkerIn im Prostitutionsgewerbe als auch für z. B. PornodarstellerInnen.

So oder ähnlich wird immer wieder argumentiert. Ich unterstelle den Anhängern dieser Argumente noch nicht einmal, dass sie nicht nur das Beste wollen. Dennoch halte ich all diese Argumente für auf Sand gebaut, denn sie übersehen sehr wichtige Dinge, die für das Zusammenleben von Menschen in einer Gesellschaft elementar sind: Prostitution ist per se würdelos, weil sie Gewalt und Missbrauch von Menschen beinhaltet. Das gilt genau so für die Pornographie.

Doch wehe, man vertritt heutzutage die klare Ansicht, dass Prostitution würdelos und unmenschlich ist: Es ist zwar unglaublich, aber ausgerechnet die, die sich liberale FeministInnen nennen, behandeln eine dann plötzlich wie Aussätzige, Abartige, Kranke. Das geht mit Unterstellungen los, erweitert sich über Schmähungen und Drohungen und hört bei Blocken und Ausschluss nicht auf.

Ich habe hier einmal die Schlagworte, Behauptungen, Projektionen und Unterstellungen gesammelt, mit denen ich mich, seit ich meine Position gegen Prostitution deutlich gemacht habe, immer wieder konfrontiert sehe, und stelle sie gleichzeitig richtig:

  • ProstitutionsgegnerInnen sind alle HurenhasserInnen
    Richtig ist: ProstitutionsgegnerInnen lehnen das System Prostitution ab, nicht die Menschen, die sie ausüben. Im Gegenteil: Indem sie sich dafür einsetzen, das System zu kippen, setzen sie sich automatisch auch für die Prostituierten ein. Das hört die Lobby aber nicht gern, weil sie das System erhalten will, denn es ist gerade in Deutschland ein sehr lukratives Geschäft. Und zwar zuletzt für die unmittelbar Betroffenen, die Prostituierten.
  • Dass es nur wenige selbstbestimmte und zufriedene SexworkerInnen gibt, ist eine Lüge!
    Richtig ist: Höchstens 5-10% aller Prostituierten arbeiten tatsächlich freiwillig und selbstbestimmt und verdienen darüber hinaus auch noch gut. Der weitaus größte Teil lebt in prekären Verhältnissen und will vor allem eines: Raus aus der Prostitution.
  • Ihr wollt nicht mit uns (den ProstitutionsbefürworterInnen) diskutieren? Das zeigt ganz deutlich eure Verachtung für die SexworkerInnen!
    Richtig ist: Diskussionen erwiesen sich immer wieder als frucht- und sinnlos. Das nervt.
  • Der Schwarzer-Feminismus ist rückständig und paternalistisch
    Nein. Er ist etabliert, weitsichtig und setzt sich seit Jahrzehnten für die Gleichstellung aller Frauen in der Gesellschaft ein. Ich betone: Aller Frauen.
  • ProstitutionsgegerInnen sind nur selbsternannte FeministInnen
    Ja, natürlich. Alle FeministInnen sind selbsternannt, haben sich dafür entschieden, sich im Feminismus zu engagieren. Ich kenne jedenfalls keine Instanz, die jemandem die Bezeichnung „FeministIn“ explizit verleiht.
  • ProstitutionsgegnerInnen sind sexnegativ und haben grundsätzlich eine Abneigung gegen oder ein Problem mit Sex
    Richtig ist: ProstitutionsgegnerInnen haben überhaupt kein Problem mit Sex. Nur mit Sex gegen Geld. Sobald Geld ins Spiel kommt, kann von konsensualem Sex keine Rede mehr sein. Das Problem mit Sex haben in Wirklichkeit jene, die glauben, sich erfüllenden Sex kaufen zu können.
  • ProstitutionsgegnerInnen wollen SexworkerInnen bevormunden und „retten“
    Nein. Wollen sie nicht.
  • Sexarbeit ist eine Arbeit wie jede andere auch
    Nein, das ist sie nicht. Das Wort „Sexarbeit“ ist ein schlimmer Euphemismus: Es verharmlost das, was damit gemeint ist: Prostitution. Und Prostitution ist Gewalt und Missbrauch. Viele Prostituierte, besonders viele ehemalige und überlebende, lehnen diesen Begriff deshalb auch vehement ab.
  • Den ProstitutionsgegnerInnen geht es nur um Verbote
    Nein, es geht ihnen um eine Gesellschaft, die ohne Prostitution auskommt.
  • Kriminalisierung, auch der Freier, ist Murks
    Solange dem Markt nicht anders der Sumpf trocken gelegt werden kann, ist es am naheliegensten, jene zu kriminalisieren und zu bestrafen, die den Markt erst möglich machen.
  • Wer Freier kriminalisiert, entzieht den SexworkerInnen die Lebensgrundlage
    Nein, sondern verhilft ihnen, da der Markt immer weniger nachgefragt wird, zu einer realen Chance, aus der Prostitution auszusteigen.
  • Ihr denkt ja alle nur in Schubladen!
    Und ihr erst mal!
  • ProstitutionsgegnerInnen sind ganz arme verklemmte prüde Menschen
    Richtig ist: Sie haben sich viele Gedanken zum Thema Prostitution gemacht, sich intensiv mit dem Thema und auch mit anderen gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Themen beschäftigt, um ein besseres Zusammenleben zu realisieren. Die, die das nicht taten und am System festhalten wollen, sind in Wirklichkeit die ärmeren.
  • Das schwedische Modell hat überhaupt nicht für eine Verbesserung der Lage der SexworkerInnen gesorgt
    Und ob es das hat. Das ist belegt, unstrittig und in den entsprechenden Quellen nachzulesen. Zum Beispiel hier. (Update: Der Link verwies auf einen Artikel von Mira Sigel auf dem Blog „Die Freiheitsliebe“. Die Autorin hat den Blog verlassen, sie war dem übrigen Team zu unbequem, und ihr Artikel wurde dort entfernt. Doch er ist nun hier wieder online.)
  • Für ProstitutionsgegnerInnen sind alle Männer potenzielle Freier
    Nein, denn sie wissen, dass es genug Männer gibt, die nicht im Traum daran denken, zu einer Prostituierten zu gehen oder sich Pornos anzusehen.
  • ProstitutionsgegnerInnen diskriminieren behinderte Menschen, weil sie ihnen das Recht auf Sex verwehren
    Erstens gibt es kein Recht auf Sex, und zweitens spricht es nicht für eine Gesellschaft, in der behinderte Menschen keine Gelegenheiten bekommen, erfüllende Beziehungen aufzubauen, weil sie ihrerseits als minderwertige Menschen diskriminiert werden. Die eine Gruppe diskriminierter Menschen (Behinderte) gegen die andere (Frauen) auszuspielen, gehört zu den menschenverachtendsten Praktiken in einem System, das aufgrund seiner Struktur für Ungleichheit sorgt.
  • Das Recht auf Sex ist ein Menschenrecht
    Nein, das ist es nicht. Kein Mensch hat ein Recht darauf, Sex zu haben, schon gar nicht gegen den Willen eines anderen. Er ist ein Geschenk und auch als solches zu betrachten. Genau wie eine Beziehung und die Liebe.
  • ProstitutionsgegnerInnen sind keine Feministinnen, weil sie anderen Menschen ihre Selbstbestimmtheit absprechen
    Ein immer wieder gern heraus geholtes Totschlagargument. Nein, sie wollen anderen Menschen nicht ihre Selbstbestimmtheit absprechen, weil sie wissen, dass jeder Mensch für seine Taten und Nichttaten selbst verantwortlich ist.
  • Es gibt einen Unterschied zwischen Prostitution und Pornographie
    Ja, und zwar diesen: Pornographie ist vor laufender Kamera aufgezeichnete Prostitution für ein Millionenpublikum.

Mir ist klar, dass ich mit meinen Richtigstellungen nicht die erreiche, die es betrifft. Man wird mir weiterhin Dinge unterstellen, die ich bisher noch nicht einmal geträumt habe, z. B. Heuchelei oder Scheinheiligkeit oder Bigotterie oder ähnliches. Neuerdings wirft man uns, den „radikalen Schwarzer- und AltfeministInnen“, sogar Hatespeech vor. Etwas, gegen das wir selbst auch ständig kämpfen. Aber wir sind der Solidarität anderer Frauen und FeministInnen nicht wert, weil wir die Fehler im System an der Wurzel bekämpfen wollen, anstatt uns mit diesem nur zu arrangieren.

Denn die weniger reflektierten Menschen arrangieren sich nur. Ohne es zu bemerken.

 

#Aufschrei, Feminismus und Solidarität – ein Jahresrückblick

Als es Anfang des Jahres der Hashtag #aufschrei bis in die Medien und die Initiatorinnen in die Talkshows dieser schafften, erwachte in mir der Feminismus. Auch dieses Blog ist ein Resultat davon. Die Erlebnisse des alltäglichen Sexismus tausender Frauen, nicht nur getwittert unter dem Hashtag, sondern noch detaillierter geschildert auf www.alltagssexismus.de, erschütterten mich zutiefst, denn mir wurde zum ersten Mal sehr deutlich und schmerzlich bewusst, was es wirklich heißt, in dieser Gesellschaft eine Frau zu sein. Eine Frau zu sein, ihr Frausein auszuleben als Mutter zweier Kinder; die Spagate, zu denen sie gezwungen ist, wenn sie die Lebensbereiche Berufsleben und Familie unter einen Hut zu bringen versucht. Zu erkennen, welche Art von Hindernissen ihr im Weg standen, die nichts, absolut nichts mit meiner Qualifikation zu tun hatten. Mir fielen immer mehr Erlebnisse ein, die belegten, dass ich mich jahrzehntelang abstrampelte, um in dieser Gesellschaft als Mensch und Frau anerkannt und respektiert zu werden, was aber in ganz vielen Fällen nicht gegeben war. Dennoch glaubte ich daran, eine emanzipierte Frau zu sein, denn ich habe Abitur machen und studieren können in einem männlich dominierten Bereich. Ich arbeitete sogar zeitweise als Schichtleiterin in der Produktion chemischer Stoffe, was nur einer von hundert Ingenieurinnen gelingen dürfte. Ich stand meine Frau in dem rauen Arbeitsklima fast nur unter Männern und sah mich deshalb keineswegs als unterprivilegiert an, sondern längst als gleichberechtigt und auf Augenhöhe mit meinen männlichen Kollegen, Vorgesetzten und Schichtarbeitern.

Dass ich mir in die Tasche log, belegen diese Tatsachen: Mein männlicher Kollege der anderen Schicht verdiente trotz völlig gleichwertiger Qualifikation und gleicher Aufgaben mehr Geld. In dem rauen Arbeitsklima ging es höchst sexistisch zu, was ich aber ausblendete. Versuchte ich, meine Autorität durchzusetzen, galt ich nicht als souverän, sondern hysterisch. Anstatt sich meinen Anweisungen zu fügen, johlten die Arbeiter vor Hohn. Einer hat mich mal, weil es in einem Kessel eine Verpuffung gab und er daneben stand und sich sehr erschrocken hat (die Situation war nicht gefährlich und ich konnte gar nichts dafür), mit übelsten Schimpfwörtern angeschrien, mich bedroht und beleidigt. Ich erwog eine Verwarnung, die mir jedoch von meinen Vorgesetzten ausgeredet wurde, man wolle schließlich keinen Streit, und sicher war es ja auch kaum der Rede wert. Ich bin sicher, die Sache wäre für diesen Arbeiter weniger glimpflich ausgegangen, wäre ich ein Mann. In erster Linie deshalb, weil man mir dann eher geglaubt hätte anstatt mir als Frau von vornherein zu unterstellen, da wohl etwas missverstanden oder emotional überreagiert zu haben.

Später als Ehefrau und Mutter war ich anderen Diskriminierungen ausgesetzt, und ich nenne sie heute so, weil sie es sind. Ich wollte es nur lange Zeit nicht wahrhaben.

Feminismus war also nie mein Thema. Ich erinnere mich sogar an diesen Schlagabtausch im Fernsehen von Verona Feldbusch mit Alice Schwarzer, wo ich eindeutig auf der Position von Verona Feldbusch stand, nicht auf der von Schwarzer, weil ich sie vertrocknet und gestrig fand. Heute sehe ich sie in einem ganz anderen Licht. In meinem Leben war Feminismus also nie Tradition, für mich ist er neu. Mein Feminismus wird demnächst ein Jahr alt.

Ich gehöre also gar nicht zu den so genannten Alt-Feministinnen, sondern ich bin einfach eine ältere Frau, die spät zum Feminismus gefunden hat. Dennoch werde ich wohl, gerade von den „jungen Feministinnen“, in diese Schublade gesteckt, wobei ich noch nicht einmal weiß, was das eigentlich bedeutet. Was ist an Alt-Feministinnen denn so verachtenswert? Dabei gab es mal eine Zeit, in der ich diesen jungen Frauen sehr dankbar war, dass sie den in dieser Gesellschaft verankerten Sexismus aufzeigten und sichtbar machten (und bin es immer noch, nicht, dass jetzt Missverständnisse aufkommen!). Es gab eine Zeit, da folgte mir auf Twitter sowohl @marthadear als auch @Faserpiratin, @totalreflexion und @vonhorst. Irgendwann, so in der Sommerzeit, wurde ich dann von einigen wieder verlassen. Zu der Zeit war ich nicht in der Stimmung, mich intensiv mit feministischen Themen auseinander zu setzen. Doch es kam der Herbst, und mit ihm der Appell von Alice Schwarzer gegen Prostitution, den ich erst gar nicht so richtig mitbekam. Als ich ihn realisierte, fühlte ich mich sofort angesprochen und verlinkte oft dahin. Dass mich daraufhin viele meiner FollowerInnen, von denen ich bis dahin viel hielt, entfolgten, hat mich zunächst nur irritiert. Ich hatte doch nur deutlich meine Position gegen Prostitution verlauten lassen, warum entfolgten mich denn jetzt ausgerechnet die FeministInnen?

In einer Gruppe auf Facebook schrieb ich ziemlich enttäuscht und ernüchtert diesen Satz: „Wenn Feminismus bedeutet, sich für die Prostitution einzusetzen, distanziere ich mich ganz eindeutig davon“. Daraufhin wurde ich dort angegriffen, mir wurde unterstellt, mich nicht solidarisch mit meinen „Schwestern“ in der SexworkerInnenszene zu zeigen, und von einer bekannten und viel bloggenden Feministin wurde ich öffentlich zurecht gewiesen, wie ich mit meiner Einstellung doch pauschal die ganze Prostitution und mit ihr die Prostituierten verteufeln würde. Auf Twitter sah ich mich immer öfter auch Angriffen der Prostitutionslobby ausgesetzt. Für mich war das schlimmer zu ertragen als die Beleidigungen und Beschimpfungen der Maskutrolle unter #Aufschrei und führte am Ende dazu, dass ich meinen Account aufgab, mir einen neuen anonymen zulegte und nur noch geschützt twittere. Ich twittere geschützt für die wenigen FollowerInnen, die meine Ansichten teilen und verstanden haben, nicht mehr öffentlich, um mich nicht mehr den Angriffen auszusetzen. Mundtoter geht es eigentlich gar nicht. Aber es gibt ja noch dieses Blog.

Doch jetzt werde ich euch, den „jungen FeministInnen“ (wer sich angesprochen fühlt, ist gemeint), mal die mir eingeforderte Solidarität ein für alle Mal um die Ohren hauen. Denn eure eigene ist keinen Pfifferling wert. Ihr wollt also den wenigen SexworkerInnen, denen es mit ihrem „Beruf“ gut geht und die sich nicht ausgebeutet fühlen, nicht die Solidarität verweigern, dafür aber allen anderen Frauen, die nicht eure Ansicht teilen, sich aber die ganze Zeit für eine bessere Gesellschaft mit Hilfe von feministischen Gesichtspunkten eingesetzt haben? Alle Frauen, die ich jetzt als eindeutige Gegnerinnen der Prostitution kenne, steckt ihr in die Schublade #notmyfeminism? Und ihr scheut euch auch nicht davor, diese Frauen sogar zu blocken und sie damit genau so zu behandeln wie die schlimmsten Maskutrolle? Ja, habt ihr denn immer noch nicht begriffen, dass Feminismus und Prostitution gar nicht zusammen gehen können, dass es ein Widerspruch in sich ist, sich einerseits feministisch zu engagieren, aber andererseits die Prostitution gut zu heißen? Wann merkt ihr endlich, dass ihr euch an der Person Alice Schwarzer festbeißt und ihr immer wieder unterstellt, mit ihrem Appell nur ihr kleines Buch promoten zu wollen? Merkt ihr denn wirklich nicht, dass sie genau für die Sache kämpft, für die ihr auch kämpft, dies aber schon viele Jahrzehnte länger und wesentlich weitsichtiger und reflektierter? Merkt ihr nicht, dass ihr all den Frauen, die sich im Zuge der #Aufschrei-Debatte mit euch solidarisierten, ihre Geschichten auf alltagssexismus.de veröffentlichten, sich mit euch engagierten, dem Sexismus dieser Gesellschaft endlich Einhalt zu gebieten, Unrecht tut, in dem ihr sie jetzt einfach ausgrenzt, ignoriert und ihr Engagement nicht mehr wertschätzt? Merkt ihr nicht, dass ihr der Prostitutionslobby auf den Leim gegangen seid und damit eure eigene viel versprechende Bewegung unterwandert und ad absurdum geführt, kaputt gemacht habt? Habt ihr denn wirklich gar nichts gelernt und begriffen? Statt dessen faselt ihr von Selbstbestimmung und freiem Willen und seht nicht, dass es in der Prostitution weder das eine noch das andere gibt. Ihr glaubt mir nicht? Dann lest doch einmal die reflektierten und sehr klugen Worte dieser ehemaligen Sexworkerin.

Ich fühle mich von euch jedenfalls nicht mehr repräsentiert. Ich will eine Gesellschaft ohne Prostitution, und ich bin zutiefst davon überzeugt, dass sie möglich ist, nämlich genau dann, wenn sowohl das Patriarchat als auch der Kapitalismus abgeschafft sind. Ich halte diese beiden Systeme für die Ursache der Prostitution. Aber ich bin da nicht die einzige. Es gibt mit mir noch viele tausende Menschen, die genau das auch wollen und sich zumindest bis dahin, bis sich mit Patriarchat und Kapitalismus die Prostitution ganz von allein erledigt hat, für ein Verbot einsetzen. Mindestens jene, die den Appell von Alice Schwarzer unterschrieben haben und denen nicht nur von der Prostitutionslobby der gesunde Menschenverstand abgesprochen wird, was mich in dem Fall nicht die Bohne kümmert. Sondern ausgerechnet und fatalerweise von jenen, deren Solidarität ich mir mal sicher war. Was mir in dem Fall einfach nur weh tut.