Patriarchatslogik

Oder: Das Patriarchatsbullshitbingo

Vor gut einem Jahr entdeckte ich einen weiteren Lebensbereich, in dem ich falschen Fakten, Überzeugungen und Glaubenssätzen auf den Leim gegangen bin. Diesmal ist es einer, dessen Überzeugungen ich sogar selbst einmal vehement nach außen verteidigt habe und die sich nun als weitgehend falsch herausgestellt haben. Aber auch dieses Mal empfand ich es als eine Befreiung, endlich die Wahrheit erfahren zu haben, denn ich war dadurch wieder in die Lage gekommen, für mich selbst zu handeln.

Gemeint sind meine Irrtümer in Bezug auf mein (Über)gewicht. Seit Jahren schon und immer wieder war ich übergewichtig, zuletzt sogar adipös. Meine Überzeugungen, die ich im Laufe des Lebens rund um Ernährung und Gewicht gelernt und nie wirklich hinterfragt hatte, hinderten mich daran, aktiv etwas dagegen zu tun. Alle zusammen führten mich zu dem irrtümlichen Schluss: Ich kann nichts daran ändern. Ich bin machtlos.

Nun hatte die Bloggerin erzaehlmirnix die Idee, in Anlehnung an einen in englischen Foren geprägten Begriff, all die Mythen, Halbwahrheiten und handfesten Irrtümer rund ums Abnehmen, die leider auch durch falsche Auslegungen von Studien oder sogar einzelne Studien selbst immer wieder geschürt wurden, als „Fettlogik“ zu betiteln und als Buch (mit ergänzendem Blog) heraus zu geben. Das Buch ist ein voller Erfolg, denn es bekommt etliche gute Kritiken, ist schon längst ein Bestseller und vielen, die es gelesen haben, ging es so wie mir, sie handelten und die Pfunde purzelten. Inzwischen bin ich mit dem Abnehmen fertig und habe insgesamt 35 kg abgenommen. Mein Gewicht liegt im unteren Normalbereich, und es gibt inzwischen tatsächlich Leute, die mich als „zu dünn“ bezeichnen. Meine Abnehmerei verblogge ich vielleicht irgendwann noch einmal gesondert, denn mir geht es in diesem Artikel nicht um das Thema Abnehmen, sondern um die Idee der entlarvten „Logiken“. Nicht nur auf dem Gebiet rund um Gewicht, Körperwahrnehumg, Bewegung und Ernährung inklusive Essstörungen herrscht heillose Unklarheit und Verwirrung, sondern sie ist grundsätzlich ein Symptom für die Gesellschaftform und Lebensweise, in die wir gezwungen sind. Deshalb fasse ich hiermit die Mythen, Halbwahrheiten und handfesten Irrtümer rund ums Patriarchat als Patriarchatslogik zusammen.

Im Folgenden liste ich die vielen patriarchalen „Logiken“ auf und versuche, sie zu erklären. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ich habe sie nach ersten Entwürfen auch wieder stark gekürzt, denn dieser Artikel würde sonst ausufern.

Der Mensch kannte schon immer den Zusammenhang zwischen Sexualität und Fortpflanzung.

Da schließt sich direkt die Frage an: „Woher denn?“ Menschen sind intelligente, wissbegierige Wesen, deshalb ist es nicht schwer, sich vorzustellen, dass sie Beobachtungen anstellten und aus diesen ihre Schlüsse zogen. Was für die frühen Menschen im Paläolithikum (Altsteinzeit) offensichtlich war, war dies: Neues Leben kam aus den Weibchen heraus. Sie gebaren die Kinder, und das war auch bei den von ihnen beobachteten Tieren so. Der Sexualakt stand vorerst nicht offensichtlich im Zusammenhang mit neuem Leben. Er wurde einfach praktiziert und war etwas völlig normales und gegebenes. Die Frage, wozu er nötig war, kann gar nicht aufgekommen sein, denn sie stellte sich nie. Das neue Leben kam einfach, und zwar aus den Weibchen. Das waren die Menschen, die eine Vagina hatten und nicht die mit dem Penis. Eine ganz einfache Zuordnung, die auch auf die Natur herum projiziert wurde. Aus der Erde kam neues Leben, aus den Eiern, aus dem Wasser. Es ist also gar kein Wunder, dass die frühen Menschen alles, was neues Leben gab, als weiblich ansahen. Das war selbstverständlich und es gab überhaupt keinen Anlass, dies in Frage zu stellen.

Erst als die Menschen sesshaft wurden und anfingen, Kleintiere zu halten, ging ihnen diesbezüglich ein Licht auf. Sie erkannten die Bedeutung der Sexualität und den männlichen Anteil an der Fortpflanzung. Aus der Beobachtung, dass ein einziger Stier viele Kühe befruchten kann, zogen die Menschen im Laufe der Jahrtausende den falschen Schluss, dass der Mann den Hauptanteil an der Fortpflanzung hätte. Fortan musste die Erde also befruchtet werden, sie war das Gefäß, das den männlichen „Samen“ in sich aufnahm. Der aktive weibliche Part, Leben zu geben, wurde mehr und mehr zum passiven degradiert. Aktivität wurde zusehends dem Männlichen zugeschrieben.

Der Mensch ist grundsätzlich gewaltbereit.

Wenn das wirklich so wäre, dann wäre die Spezies Mensch längst ausgestorben. Wer die Weise, sich gegenseitig zu bekriegen, wie es heutzutage zwischen verfeindeten Menschengruppen üblich ist, auf eine natürliche biologische genetische Veranlagung zurück führen will, ignoriert die archäologischen Fakten. Kriegerische Handlungen lassen sich erst ab der neolithischen Revolution nachweisen. Sie waren im Paläolithikum unbekannt und auch gar nicht notwendig, im Gegenteil, sie hätten dafür gesorgt, dass die wenigen existierenden Menschen sich selbst ein schnelles Ende gesetzt hätten. Das aber tut keine Spezies. Die Natur ist auf das Überleben der Art ausgerichtet, nicht auf die eigene Ausrottung. Ein sich gegenseitiges Töten kommt in Arten erst dann vor, wenn bestimmte Umstände dazu zwingen, bei Überbevölkerung zum Beispiel. Dies hat man auch bei Ratten nachgewiesen. Überbevölkerung ist aber ein krankhafter Zustand, auf den auch entsprechend krankhaft reagiert wird. Auch nachgewiesener Kannibalismus ist keine Erklärung für eine grundsätzliche Gewaltbereitschaft der menschlichen Spezies. Er kommt bei vielen Spezies bei akuter Nahrungsknappheit vor. Archäologische Funde, die rituellen Kannibalismus beim Menschen belegen sollen, sind mit Vorsicht zu genießen und genau zu datieren. Ritueller Kannibalismus kommt erst in patriarchalischen Gesellschaften mit herrschaftslegitimierenden Religionen vor. Kannibalismus als Beleg für die Gewaltbereitschaft der Spezies Mensch taugt also nicht.

Die Natur ist grausam, das Patriarchat schützt die Menschen vor ihr.

Die Natur ist weder gut noch böse. Vor allem ist sie absichtslos. Sie ist ein Kreislauf des Lebens, zu dem sowohl Geburt als auch Tod gehören. In diesem ganzheitlichen Kontext wurde die Natur von den in ihr lebenden Wesen erfahren, also auch von der Spezies Mensch. Es war für die Altsteinzeitmenschen etwas ganz normales, an Tod und Wiedergeburt zu glauben. Sie waren also eingebettet in den Kreislauf der Natur, und standen ihr nicht feindlich gegenüber, so wie die Menschen sich erst im Patriarchat gegen sie wandten, um sie zu beherrschen und letztendlich auszubeuten. Um dies zu legitimieren, wurde die Natur, genau wie alles weibliche, verteufelt und als grausam tituliert. Anstatt in ihr aufzugehen und mit ihr zu leben, kämpft der Mensch gegen sie in seinem Irrtum, sie besiegen zu müssen. Dabei sind die Menschen ein Teil von ihr. Der patriarchale Mensch (Mann) sieht sich aber lieber nicht als Teil von irgend etwas, sondern als Beherrscher von allem. Auch der Glaube, hinter allem müsse irgend ein göttliches Konzept oder ein göttlicher Sinn stehen, ist den Mythen des Patriarchats geschuldet.

Geschlecht ist ein soziales Konstrukt und sitzt im Kopf, nicht in den Organen.

Dieser Irrtum hat seine Wurzeln im Feminismus und ist ein Missverständnis einer Aussage von Simone de Beauvoir, die in ihrem Werk „Das andere Geschlecht“ (1949) die These vertritt, dass Menschen nicht als Frauen (oder Männer) geboren werden, sondern von der Gesellschaft dazu gemacht werden. Das Missverständnis beruht darauf, dass nicht zwischen biologischem Geschlecht und zugewiesener Rolle unterschieden wurde. Dieser Unterschied wird leider bis heute nicht erkannt, sondern ignoriert oder gar verleugnet. So ist der Queerfeminismus inzwischen zu einem ideologischen Transkult verkommen, der nicht wahrhaben will, dass die beiden Geschlechter (und alle intersexuellen Zwischenformen) existieren und biologische Realität sind. Manche behaupten, es gäbe so viele Geschlechter wie es Menschen gibt. Eine fatale Verwechslung von Geschlecht und Persönlichkeit.

Ohne Männer gäbe es auch keine Mütter.

Der Mann ist so wichtig, dass er nicht müde wird, immer wieder zu betonen, dass zur Fortpflanzung eben zwei gehören und dass es ohne ihn ja auch die Frauen nicht gäbe. Dass dies für beide Geschlechter gilt, bleibt dabei unerwähnt. Unerwähnt bleibt auch, dass es in der Natur durchaus vorkommen kann, dass eine Fortpflanzung auch ohne männlichen Part stattfindet.

Spermium = Same

Das ist eine Falschinformation. Die Bezeichnung „Same“ definiert die Anlagen eines Keimes, die komplett vorhanden sein müssen, damit daraus ein vollständiges Lebewesen entsteht. Also kann ein Spermium kein Same sein. Eher fällt der Eizelle diese Definition zu, denn in ihr sind bereits alle Dinge angelegt, die nötig sind, damit sie keimen kann. Auch die Umgebung ist schon vorhanden. Das Spermium trägt lediglich den zweiten Chromosomensatz für das neue Lebewesen bei und ist ansonsten so ausgestattet, dass es in der Lage ist, in die Nähe einer Eizelle zu gelangen. Es hat eher den Status eines Pollenkorns oder einer Spore.

Männer sind für das Befruchten zuständig, Frauen für das Nähren.

Diese Sichtweise blendet völlig aus, welch großer Anteil am Arterhalt von der Natur für die weiblichen Lebewesen vorgesehen ist. Welches Geschlecht hat bei vielen Tieren und auch bei der Spezies Mensch den größeren Aufwand bei der Fortpflanzung und der Aufzucht der Jungen? Das weibliche. Nach dem Eindringen des Speriums in die Eizelle entwickelt sich der Embryo, wird neun Monate lang im Mutterleib ernährt. Dann erfolgt die Geburt, die kein Spaziergang ist, und danach jahrelanges Stillen und Aufzucht.

Das Patriarchat war schon immer da und ist die natürliche Lebensform des Menschen.

Alle archäologischen Funde und Erkenntnisse sprechen dagegen. Leider werden diese Fakten verschwiegen, geleugnet, unter den Teppich gekehrt, umgedeutet, in ihrer Bedeutung verkannt oder fehlinterpretiert.

In der Steinzeit war der Mann Jäger, die Frau Sammlerin.

Grundsätzlich mag das stimmen, doch wird in diesem Kontext immer wieder das überlegene Jägertum gegenüber der sammelnden Tätigkeit überbetont. Dabei wurden 3/4 des Nahrungsbedarfs der Menschen im Paläolithikum über das Sammeln von Früchten, Samen, Eiern, Nüssen etc., seltener auch durch Fische gedeckt. Ein Tier zu erlegen war ein Glücksfall, und es ist keineswegs sicher, ob  sich an der Jagd nur die Männer beteiligt haben.

Vater – Mutter – Kind ist die ursprüngliche Kernfamilie.

Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die Paar- oder Kleinfamilie wie sie seit Jahrtausenden existiert und die wir bis heute als normal und selbstverständlich ansehen, in Wahrheit den Kern des Patriarachats darstellt. Die Kleinfamilie steht in krassem Widerspruch zu der natürlichen Sippengemeinschaft der Spezies Mensch, die die längste Zeit der Menschheit auch gelebt wurde. In der Kleinfamilie trägt die Mutter die alleinige Verantwortung für die Kinder, ist komplett isoliert und mit ihrer Belastung, die sie nur mit einer Person teilen kann, nämlich dem Vater, überfordert. Der Vater denkt in den wenigsten Fällen daran, wirklich die Hälfte der Verantwortung zu übernehmen, im Gegenteil. In den meisten Fällen bleibt die Arbeit rund um die Kinder und den Haushalt an der Frau hängen. Dennoch wird von ihr erwartet, dass sie so schnell wie möglich wieder erwerbstätig wird. Dass das nicht funktioniert, wird mit der großen Zahl alleinerziehender Mütter deutlich, die geradewegs in die Altersarmut steuert.

Der Mann hat schon immer Frau und Kind versorgt und war das Oberhaupt der Familie.

Familie gibt es erst, seit es das Patriarchat gibt. Sie stellt den Herrschaftsbereich eines einzelnen Mannes dar, der gegenüber der Frau privilegiert ist. Diese Behauptung dient dazu, die Frauen mit einem falschen Biologieargument in ihrer misslichen Lage zu halten. Dieses Argument führt übrigens dazu, dass sich gerade Frauen gegen die Biologie stellen, weil sie sie als etwas beschränkendes und  bevormundendes erleben. Doch nicht die Biologie macht Frauen unfrei, sondern die isolierende Kleinfamilie.

Gewalt und Krieg gab es schon immer und sind etwas ganz normales.

Erst, als es darum ging, Privateigentum zu beanspruchen, zu erobern und zu schützen, entwickelte sich auch die Gewaltbereitschaft dazu. Privateigentum begann mit den zu beackernden Landflächen, mit den Rinderherden, die umso wertvoller waren, je mehr Köpfe (Capites, daraus entwickelte sich der Begriff „Kapital“) die Herde hatte. Einige Menschen verfügten nun über mehr Ressourcen als andere, was zu Unfrieden und Streit, in letzter Konsequenz zu Gewalt und Krieg führte. Das setzt sich bis heute fort und zeigt mehr als deutlich die schädlichen Auswirkungen des Patriarchats.

Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt und gab es schon immer.

Die Prostitution entwickelte sich aus der Tempelprostituion und dem Ritual der „Heiligen Hochzeit“, welche nichts anderes als eine öffentlich zelebrierte Vergewaltigung darstellt. Auch die heutige Prostitution ist nichts anderes. Sie ist nicht das älteste Gewerbe der Welt, denn vor dem Patriarchat gab es keine. Sie ist also schlicht das Gewerbe des Patriarchats.

Wir waren schließlich damals nicht dabei!

Das Totschlagargument in der Archäologie par excellence. Natürlich waren wir das nicht. Aber wir können heute aus den archäologischen Funden, aus den Gegebenheiten der heutigen Welt, aus unserer Geschichte, aus unseren Gefühlen und dem gesunden Menschenverstand sehr wohl Rückschlüsse ziehen auf die natürliche Lebensweise der Spezies Mensch. Dass es so, wie sie jetzt lebt, nicht natürlich und nachhaltig arterhaltend sein kann, ist offensichtlich.

Die zahlreichen Frauenfigurinen dürfen auf keinen Fall mit Göttinnen gleichgesetzt werden.

Doch. Denn genau das waren sie. Sie werden ja offiziell als „Venus“ bezeichnet („Venus von Willendorf“, „Venus von hohle Fels“, „Venus von Moravany“ etc.). Venus aber war bereits eine Göttin aus dem römischen Götterpantheon, die einem Göttervater (Jupiter) untergeordnet war. Die Archäologie hat inzwischen eingelenkt und bevorzugt „Frauenstauetten“, was ihnen allerdings in keiner Weise gerecht wird, denn wie schon weiter oben dargelegt, ist es sehr wahrscheinlich, dass die paläolithischen Menschen ausschließlich das Weibliche als göttlich angesehen hatten.

Religionen kann jeder ausüben wie er will und haben mit Patriarchat überhaupt nichts zu tun.

Alle, ausnahmslos alle Religionen, auch Buddhismus uns Hinduismus, basieren auf dem Patriarachat. Sie dienen dazu, die irdischen Herrschaftsverhältnisse zu legitimieren und die Menschen, die in der Hierarchie weit unten stehen, im Glaube zu lassen, ihre misslichen Lebensumstände seien gottgewollt und hätten direkt etwas mit ihnen selbst zu tun.

Jeder Mensch braucht Religion und seinen Glauben.

Jeder Mensch braucht Spiritualität. Diese entwickelt sich beim Einssein mit der Natur. Was der Mensch keineswegs braucht, ist ein männlicher aus dem Geist zeugender Gott. Doch da die Menschen im Patriarchat verlernt haben, eins zu sein mit der Natur, führt die unerfüllte Sehnsucht zu Ersatzmythen, Religionen genannt. Tatsächlich aber bedeutet Religion „Zurückbindung“ aus dem lateinischen Wort „religare“, mit dem Zusatz versehen „an Gott“. Dieser ist aber dem Begriff „Religion“ erst im Patriarchat hinzu gesetzt worden. Eine Rückbindung geschieht ausschließlich an die Natur innerhalb des Kreislaufs des Lebens.

Das Patriarchat hat viele kulturelle Errungenschaften hervor gebracht, z. B. die Schrift.

Die kulturellen Errungenschaften sind in Wirklichkeit Hilfsmittel, um patriarchalische Gegebenheiten zu erhalten und zu stützen. So ist die Schrift erfunden worden, um festhalten zu können, wer wo wohnt und lebt, wer zu wem gehört, und was er besitzt. Die Personalisierung der Menschen im Volk durch Festlegen des Namens, seiner Staatszugehörigkeit etc. ist durch die Schrift erst möglich geworden. Auch dient sie, wie wir alle wissen, nicht nur zum Festhalten von Fakten und Tatsachen, sondern eben auch ganz im Gegenteil zur Verbreitung von Mythen und Propaganda. Schriftlich festgelegt ist auch die staatliche Verfassung und alle Rechts- und Gesetzestexte, die ein Staat so braucht, um das Zusammenleben zu regeln. Dass es nicht mehr natürlich funktioniert, sondern kontrolliert und sanktioniert werden muss, ist ein weiterer Hinweis auf das Patriarchat.

Wenn es etwas anderes als das Patriarchat gegeben hat, dann war es ein Matriarchat, das aber noch viel kriegerischer war als das Patriarchat.

Das ist eine Falschbehauptung, die einzig dem Zweck dient, die matrifokale Lebensweise der Altsteinzeitmenschen zu diffamieren. Leider ist der Begriff „Matriarchat“ im Mainstream bereits als (noch viel schlimmeres) Patriarchat mit umgekehrten Vorzeichen derart verankert, dass es schwer ist, die Fakten richtig zu stellen.

Patriarchale Gesellschaften sind unzivilisierte Gesellschaften, wo Krieg und Terror herrschen.

Ein Irrum der westlichen Zivilisationen. Westliche Menschen denken, sie lebten in einer aufgeklärten, modernen Gesellschaft, wo Demokratie herrscht, Gleichberechtigung in weiten Teilen umgesetzt ist und das Rechtsstaatsprinzip gilt. Freiheit und Vielfalt sind die Werte, die in vielen muslimischen Staaten nicht gelten. Es stimmt, in solchen Staaten kommt das Patriarchat noch sehr archaisch und leicht erkennbar daher, doch das darf keinesfalls zu dem nächsten Trugschluss verleiten:

In der westlichen Zivilisation ist das Patriarchat doch längst abgeschafft.

Leider nein, im Gegenteil. Die westliche Zivilisation ging aus dem Patriarchat hervor trotz diverser Errungenschaften wie die von Feministinnen erkämpften Rechte der Frauen in den letzten hundert Jahren. Dass es derzeit so viele Backlashs gibt, ist nur ein weiteres Zeichen dafür, dass das Patriarchat keineswegs daran denkt, sich abschaffen zu lassen.

Männer und Frauen sind gleichberechtigt.

Obwohl dieser Satz in Artikel drei des Grundgesetzes festgelegt ist, stimmt er einfach nicht. Frauen werden im Patriarchat nach wie vor benachteiligt, und zwar in allen Bereichen. Viele Frauen, besonders die liberalen Feministinnen, wollen das aber nicht wahrhaben und denken, sie könnten ein gutes Leben im Patriarchat führen. Doch spätestens wenn Kinder da sind, werden sie eines besseren belehrt werden. Dann werden sie merken, wie anstrengend es ist, Kinderaufzucht und gleichzeitige Erwerbstätigkeit unter einen Hut zu bringen, wie oft sie dabei an ihre kräftemäßigen Grenzen stoßen, und das jahrelang, 24/7. Die Männer dagegen beteiligen sich nur soweit wie sie eben wollen. Sie haben eine Wahl, die Frauen nicht.

Die Familie ist die Basis der Gesellschaft.

Richtig. Und zwar die des Patriarchats. Eine Gesellschaft ist übrigens immer patriarchalisch, im Gegensatz zu der matrifokalen sanguinen (blutsverwandten) Sippengemeinschaft.

Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Artikel eins des Grundgesetzes ist eine patriarchalische Falschbehauptung. Würde ist bereits durch die nicht artgerechte Lebensweise längst nicht mehr gegeben.

Abschlussbemerkungen

Hier komme ich zurück auf den im ersten Abschnitt erwähnten Begriff „Fettlogik“ und dessen Zusammenhang mit dem Patriarchat. Jede Fettlogik bewirkt, dass jemand in dem Glauben bestärkt wird, nichts an der eigenen Gewichtssituation ändern zu können (egal, ob zu dick oder zu dünn, wobei die Adipositas bei weitem am häufigsten vorkommt). Jede Patriarchatslogik bewirkt, dass die darin lebenden Menschen in ihren Mythen und Glaubenssätzen verharren und nicht anfangen, die Gesellschaft, in der sie leben, zu hinterfragen. Im Patriarchat ist alles, wirklich alles, auf den Kopf gestellt worden. In jedem Lebensbereich ist der Bullshitanteil im Gegensatz zu den Fakten unverhältnismäßig hoch. Ich sehe das Thema „Fettlogik“ als einen Teilbereich des Patriarchats an. Mit anderen Worten: Auch Fettlogiken sind Patriarchatslogiken.

Im Gegensatz zu den Fettlogiken sind die Patriarchatslogiken zwar zu hinterfragen und zu durchschauen, aber die Erkenntnisse darum sind nicht so ohne weiteres dazu geeignet, sofort und nachhaltig etwas ändern zu können, schon gar nicht an der eigenen Situation, die ja durch das Patriarchat bedingt ist. Die Menschen im Patriarchat sind darin geboren und aufgewachsen. Die Tatsache, dass wir im Patriarchat leben, mag manchen sehr ungangenehm sein, wird von vielen (vornehmlich Männern) geleugnet, denn wir einzelne Menschen können vorerst gar nichts daran ändern. Das ist für manche sehr schwer zu ertragen, und auch mir ging es so, als ich anfing, eins und eins zusammen zu zählen, in Aussichtslosigkeit zu verfallen angesichts der Ohnmacht gegenüber den wahrhaft umhauenden Fakten. Ich ahnte, dass es schlimm ist,  aber dass es so schlimm ist, wollte auch ich erst nicht wahrhaben. Alle Bemühungen vieler Frauen und Mütter, ein gutes Leben im Patriarchat zu führen, sind von vornherein zum Scheitern verurteilt, denn es sind nichts als Trostpflaster, die nur die Symptome lindern. Das gesamte Gesellschaftssystem muss hinterfragt und geändert werden.

Dazu ein paar einfache Dinge: Ein Staat besteht aus einem Volk, einem (abgegrenzten) Land und einer Verfassung. Wenn nur eines davon fehlt, ist es kein Staat. Wie leben indigene Völker? Sie haben weder ein abgegrenztes Land noch eine Verfassung. Brauchen sie einen Staat, um zu leben, vor allem gut und artgerecht? Natürlich nicht. Und ich meine es so, wie ich es sage:  Natürlich nicht. Nun ist es utopisch, anzunehmen, es sei möglich, Staaten, deren Regierungen und die begrenzten Länder mal eben abszuschaffen. Dazu müsste sich zunächst ein tiefes Verständnis zur Entstehung und Auswirkung des Patriarchats entwickeln. Das geht nur mit Aufklärung und Faktenwissen. Ganz sicher nicht durch Faktenverleugnung, Faktenverdrehung und Faktenverschweigung. Im Patriarchat indes ist alles ins Gegenteil verkehrt. Kommen Fakten ans Licht, die es in Frage stellen, werden alle Hebel in Bewegung gesetzt, sie als falsch zu deklarieren. Man kann es derzeit sehr schön an den Weltereignissen beobachten. Das einzig tröstliche daran: Die Faktenleugnung ist derzeit so offensichtlich, dass selbst die verblendetsten Menschen merken, dass etwas schief läuft. Von einer nachhaltigen Abschaffung des Patriarchats sind wir trotzdem noch Lichtjahre entfernt.

Aber ich bin dennoch zuversichtlich, denn ich weiß jetzt, wie ich damit umgehe. Ich schreibe meine Erkenntnisse und die Fakten auf, wie es auch Gabriele Uhlmann, Stephanie Gogolin, Kirsten Armbruster, Gerhard Bott und viele andere schon längst tun. Hinter eigene Erkenntnisse kann nicht zurückgefallen werden. Sie werden sich trotz der patriarchalen Widerstände verbreiten.

Die Ursachen der Gewalt gegen Frauen

Kürzlich wurde mir von einer Mutter die Frage gestellt, warum Gewalt gegen Frauen so verbreitet ist und auch noch „institutionell“ gefördert bzw. dagegen so wenig getan wird. Auch wollte sie wissen, was dies mit Matrifokalität zu tun hat.

Dazu muss ich ein wenig weiter ausholen und sehr weit in die Menschheitsgeschichte zurück gehen.

Die Menschen in den heutigen Zivilisationen, im Gegensatz zu vielen verbliebenen indigenen Völkern, die es noch auf der Erde gibt, leben seit einigen tausend Jahren in einer Gesellschaftsform, die sich immer weiter von ihrer natürlichen sozialen Lebensweise entfernt. Die Gesellschaftsform heißt Patriarchat, was „Väterherrschaft“ bedeutet, und entstand vor ca. 8000 Jahren am Ende der Altsteinzeit in der Steppe, in Europa mit Beginn der Jungsteinzeit vor 7000 Jahren.

Die Lebensform, in der die Menschheit die längste Zeit ihrer Geschichte existierte, wird heute von den PatriarchatsforscherInnen und -kritikerInnen als matrifokal bezeichnet. Matrifokal bedeutet „Mütter im Zentrum“. Viele benutzen auch den Begriff „matriarchal“, doch ist dieser aus Sicht einiger Denkerinnen erstens überholt, weil er übersetzt als „Im Anfang die Mutter“ die tatsächliche Lebensweise der Sippen im Paläolithikum nur ungenau trifft, zweitens, weil er vom Mainstream als „Mütterherrschaft“, damit als Pendant zum Patriarchat mit umgekehrten Vorzeichen missgedeutet wird und weiterhin von einigen Feministinnen als politischer Kampfbegriff benutzt wird. Es geht in der Patriarchatsforschung aber nicht um Politik, sondern in erster Linie um Aufklärung und saubere und wissenschaftlich belegbare Begriffsdefinitionen.

Die paläolithische Sippe setzte sich aus blutsverwandten (konsanguinen) Menschen zusammen. Die Größe der Sippen ist mit ca. 70-100 Individuen nachgewiesen. In ihr lebten Mütter, Schwestern, Kinder, Großmütter, Tanten, Onkel und Brüder. Die biologischen Väter der Kinder lebten ihrerseits in ihrer eigenen Sippe und kümmerten sich, wie alle Individuen innerhalb der Sippe, um die Aufzucht der Kinder ihrer Schwestern und Mütter.

Wie kam es nun zur Änderung dieser friedlichen, sozialen und für alle Menschen beglückenden Gemeinschaftslebensform? Die Gründe für die Entstehung des Patriarchats sind vielschichtig. Sie fand schleichend statt mit der Domestizierung von zunächst Kleintieren wie Schafen und Ziegen, später Rindern und noch später Pferden. War die Tierhaltung ursprünglich ein reines Adoptieren und Aufziehen von mutterlosen Tierkindern innerhalb der matrifokalen Sippe, entwickelte sie sich im Patriarchat zur Nutztierhaltung und in letzter Konsequenz zur Tierzucht. War die biologische Vaterschaft bis dahin den Menschen unbekannt und somit auch völlig irrelevant, so entdeckten sie mit der Tierhaltung den Anteil und die Bedeutung der männlichen Tiere, also auch des Mannes, für den Fortpflanzungsprozess. Aus diesen offensichtlichen Tatsachen zogen die Männer den irrigen Schluss, dass sie allein es sind, die das Leben weiter geben und die Frauen und weiblichen Tiere lediglich das Gefäß ihrer „Samen“ darstellten. Biologisch gesehen ist das Spermium eher mit Pollen vergleichbar und nicht mit Samen, denn in Samen sind schon sämtliche Anlagen vorhanden, die der Keimling zum Wachsen und Leben braucht. Das trifft auf Pollen, somit auf das Spermium, nicht zu, wohl aber auf die Eizelle. Ihr gebührt also in Wirklichkeit der Status „Same“.

Die längste Zeit der Menschheitsgeschichte war es den Menschen offensichtlich und auch unhinterfragt, dass das Leben aus den Frauen kam. Dies belegen tausende von altsteinzeitlichen Urmutterstatuetten, die bis zu 38000 Jahre alt sind (Update: Es gibt  sogar  Statuetten, die weitaus älter sind, die älteste wird auf 300 000 – 500 000 Jahre geschätzt (Quelle)). Der Irrtum der Männer basiert, wie Gabriele Uhlmann in ihrem Buch „Der Gott im 9. Monat“ sehr klar belegt, ganz offensichtlich auf einem Gebär- sowie Stillneid. Erst nach der Erkenntnis des Anteils des Mannes an der Fortpflanzung tauchten die ersten Phallusskulpturen als Fruchtbarkeitssymbole auf, die weiblichen Figurinen verschwanden nach und nach. Durch Naturkatastrophen bedingte Völkerwanderungen sorgten für Mangelnöte und Begegnungen von nomadisierenden, schon patriarchalisierten Menschen mit noch matrifokal lebenden. Mit dem Ackerbau, aber ganz besonders mit der Viehzucht gewann das Privateigentum immer mehr an Bedeutung im Gegensatz zum Gesamthandseigentum der hauptsächlich sammelnden und zusätzlich jagenden Sippengemeinschaften. Es kam zu aggressiven Auseinandersetzungen um Weide- und Ackerland. Das entstehende Patriarchat brauchte Privateigentum und Abgrenzungen. Mit Beginn des Bergbaus entstanden Hierarchien mit Herrschern an der Spitze, die weniger Privilegierte für sich arbeiten ließen. Der Kapitalismus mit all seinen kriegerischen Auseinandersetzungen war geboren. Gleichzeitig entstanden die ersten politischen Theologien, die den Zweck hatten, die irdischen Herrschaftsverhältnisse zu legitimieren und die Bevölkerung dazu zu veranlassen, ihre misslichen Lagen als gottgewollt zu akzeptieren.

Doch nicht nur das Zusammenleben der Menschengruppen nahm Schaden, sondern ebenfalls die soziologische und zwischenmenschliche Struktur und die Beziehungen untereinander. Basierend auf ihrer irrigen Schlussfolgerung sorgten die Männer fortan dafür, sicherzustellen, dass die von ihnen ausgewählten Frauen auch „ihre“ Nachkommen gebaren. Das biologisch festgesetzte Recht der Frau auf ihre sexuelle Selbstbestimmung, die female choice, wurde damit immer mehr außer Kraft gesetzt. Das gipfelte zuletzt darin, dass ein Mann eine Frau oder mehrere allein für sich beanspruchte. (Anmerkung: Der Vergleich mit einer Herde Rehe, wo ein Platzhirsch alle Ricken allein begatten darf und diese das über sich ergehen lassen, ist ein Trugschluss. Auch hier sind es die Weibchen, die wählen. Sie paaren sich durchaus auch mit anderen Hirschen. Wie sehr die patriarchale Brille uns die Sicht auf die Natur verzerrt hat, soll hier nicht erläutert werden und ist ein anderes Thema.) Die daraus resultierende Lebensform veränderte sich von der matrifokalen und matrilokalen Sippe zur patrilokalen (patrilokal: Es wird dort gelebt, wo der Vater lebt) Kleinfamilie. Damit waren die Frauen isoliert und den Männern in jeder Hinsicht ausgeliefert. Mütter fanden keinen Rückhalt mehr in ihrer sanguinen Verwandtschaft, sondern waren auf Gedeih und Verderb der blutsfremden, jetzt „Familie“, des biologischen Vaters ausgesetzt. Dieses Modell des Zusammenlebens hat sich bis heute in seiner Grundstruktur nicht geändert und ist seitens der Theologie und Politik als Ehe institutionalisiert.

Damit das Modell Ehe und Kleinfamilie nicht in Frage gestellt wird, verbreitet das Patriarchat Propaganda in Form von Märchen rund um die Ehe und verklärt sie romantisch. Nur so ist es zu erklären, dass der Heiratswunsch bei jungen Frauen nach wie vor ungebrochen ist, ebenso wie der männliche Anspruch, „seine“ Frau inklusive der gezeugten Kinder gehörten jetzt ihm (dies ist den wenigsten übrigens wirklich bewusst, weder den Frauen noch den Männern). Auch die patriarchale Denke, Frauen hätten ihm zur Verfügung zu stehen bei der Inanspruchnahme seines Rechts auf Sex, hat sich in seinem Kopf eingenistet und zeigt sich deutlich in der Verharmlosung, Legitimierung und gesellschaftlich immer mehr akzeptierten Prostitution. Ist eine Ehe erst einmal geschlossen und wurden Kinder geboren, kann diese Entscheidung insbesondere für die Frau sehr gefährliche Konsequenzen haben. Im trostlosen Ehealltag, in der Patriarchatspropaganda nirgendwo erwähnt, zeigt sich immer deutlicher, welchen Belastungen und Defiziten die in ihr lebenden Menschen ausgesetzt sind. Die Frau realisiert, dass sie gefangen ist und mit ihren Kindern allein gelassen und überfordert, der Mann, dass die Versprechen, die das Patriarchat ihm mit der Eheschließung zugesagt hat, keineswegs eingehalten werden. Die Frau rebelliert, der Mann reagiert frustriert, dann aggressiv, die Gewalt ist nicht mehr weit. Psychologisch nennt man diesen Vorgang Eskalation. Das Eskalationspotential in der Kleinfamilie ist gewaltig. Es ist ein Wunder, dass es dennoch Ehen gibt, die einigermaßen friedlich ablaufen. Doch die Regel ist das bei Weitem nicht, im Gegenteil, diese Zusammenlebensform erzeugt immer Mängel, es gibt keine Kleinfamilien ohne Zwänge.

Der Grund, warum gegen diese Partnergewalt so wenig getan wird und warum sie sogar im Erstarken der Väterrechte gefördert wird, liegt in der widernatürlichen Gesellschaftsform Patriarchat. Das Patriarchat aber tut alles, um seinen Status zu erhalten, denn stellte es sich selbst in Frage, käme es zu Erkenntnissen, die zu seiner Abschaffung führten. Das verhindert es durch Tatsachenverdrehungen, Auf-den-Kopf-stellen, Verleugnen, Verschleiern, Unterwandern. Grundlegend ändern kann sich das erst, wenn sich die Menschen darüber bewusst werden, wie defizitär sie eigentlich leben, sich rückbesinnen auf das, was tatsächlich mal war (insofern: Ja, zurück in die Steinzeit!) und was unter einer menschenfreundlichen, krieg- und gewaltlosen friedlichen Gemeinschaft wirklich verstanden werden muss. Ganz gewiss nicht die glückliche Familie mit zwei Kindern im Einfamilienhaus, die es nicht gibt.

Zweck und Wirkung des Patriarchats

Oder: Warum bisher die besten Absichten, es abzuschaffen, scheiterten


„Patriarchat“ bedeutet „Väterherrschaft“, was jedoch weit darüber hinausgeht. Jeder Mensch in dieser Gesellschaft hat das Wort schon einmal gehört und kennt vermutlich auch dessen Bedeutung, nämlich ein männlich geprägtes soziales System. Jedoch nehmen die meisten es hin, dass sie in einem Patriarchat leben, denn sie sind es gewohnt, kennen es nicht anders und hinterfragen auch nicht, wie es überhaupt dazu gekommen ist. Sie erkennen nicht die massiven Auswirkungen, die es auf die in ihm lebenden Menschen hat. Der Grund liegt darin, dass das Patriarchat selbst, also die in ihm sozialisierten Menschen, dafür sorgt, es als die Norm, etwas ganz natürliches und vor allem gutes anzusehen. Und das geht sogar soweit, dass es inzwischen, vor allem von Maskulisten und Männerrechtlern, völlig geleugnet und als Hirngespinst von Feministinnen angesehen wird.

Wir werden sehen, dass es in Wirklichkeit die Ursache allen Übels und aller Probleme, die die Menschen heutzutage mit sich und ihrer Umwelt haben, ist.

 Zur Entstehung des Patriarchats

Die Entstehung des Patriarchats wird von der heutigen Wissenschaft und herrschenden Lehre weitgehend verschleiert. Es wird suggeriert, dass der Mensch von Natur aus gewaltbereit sei, dass es schon immer die Dominanz des Mannes gab und somit in der Religion den Urvater. Wer sich intensiver mit der Menschheitsgeschichte beschäftigt, wird immer wieder auf die Verbreitung des ideologischen Bildes des keulenschwingenden Steinzeitmannes stoßen, der die erbeutete Frau an den Haaren ziehend in die Höhle schleppt. Mit anderen Worten: Es habe schon immer ein Patriarchat im Sinne von Männervormacht gegeben, das sei etwas ganz natürliches und in der Natur des Menschen verwurzelt. Erst in der heutigen Zivilisation käme es allmählich zu einer Umwandlung, was mit der Emanzipation des modernen Menschen von archaischen Glaubenssätzen begründet sei. Man lebe ja nicht mehr in der Steinzeit und setze sich selbstverständlich dafür ein, die Gleichstellung aller Menschen anzustreben und Frauen ebenfalls beruflich das machen zu lassen, was Männer tun. Selbstverständlich ist die Frau heutzutage voll emanzipiert und hätte in allen Bereichen des Lebens, wenn auch noch nicht ganz, so doch tendenziös dieselben Chancen wie der Mann, der sich umgekehrt auch zunehmend der Fürsorge und Aufzucht seiner Kinder widmet. Das jedenfalls wird uns von Politik und Medien stets suggeriert. Dass die Wirklichkeit anders aussieht, fällt indes immer mehr Menschen auf.

Die Archäologie, Sozialwissenschaft, Kulturwissenschaft, Prähistorische Wissenschaft und Soziopsychologie, die den Blick auf die frühmenschlichen und jungsteinzeitlichen Geschehnisse ohne die Patriarchatsbrille richtet, kommt zu ganz anderen Ergebnissen: Gewalt, Krieg, Kolonialismus, Zerstörung, Macht, Hierarchie, Privateigentum, Kapitalismus und Patriarchat haben ihren Anfang in der Jungsteinzeit, als der Mensch anfing, Tiere zu domestizieren. Davor, und dafür sprechen alle wissenschaftlichen Belege, gab es die längste Zeit eine egalitäre Gesellschaft, die matrifokal lebte. Matrifokalität bedeutet „Mütter im Zentrum“ und spiegelt die gesellschaftlichen Verhältnisse der damaligen Zeit wider: Alles Leben kam von der Frau, der Mutter, Vaterschaft war unbekannt und somit irrelevant (auch ein Umstand, der von bestimmten Leuten vehement geleugnet und abgestritten wird). Die erste Religion, die entstand, war die der Urmutter, was die zahlreichen gefundenen Göttinnenfigurinen belegen. Als die Menschen mit der Domestikation von Tieren die Bedeutung der Sexualität für den Fortpflanzungsprozess erkannten, wurden sie sich auch des Anteils des Mannes daran bewusst. Die herrschende Lehrmeinung behauptet indes steif und fest, dass der Mensch dies schon immer wusste, ohne jedoch die Frage beantworten zu können: „Woher denn?“ Es gibt nicht einen archäologischen Beweis, der diese Annahme untermauert. Im Laufe von Jahrtausenden wurde der männliche Anteil, der Samen (der in Wirklichkeit eher ein Pollen ist, während der Samen von der Eizelle verkörpert wird, weil sie alle Anlagen und Nährstoffe enthält, die nötig sind, um neues Leben hervorzubringen) und der Phallus, immer mehr aufgewertet, bis er, gespiegelt in den heutigen monotheistischen Religionen, völlig überhöht, entmaterialisiert, vermännlicht und vergeistigt wurde. Überhaupt spiegelten die Religionen immer die Herrschaftsverhältnisse der Gesellschaft wider (und nicht umgekehrt, wie es oft mit der Absicht, das Patriarchat zu legalisieren, behauptet wird, man denke nur an das Gottesgnadentum), in der die Frauen, auf den Himmel projiziert die Göttinnen, mehr und mehr abgewertet wurden, bis am Ende keine mehr da war, sondern nur noch eine dem Herrn dienende devote Magd. Religionen und Theologien sind politische von der Herrschaft installierte Mythen, die den Zweck haben und dafür sorgen, dass die Menschen dort bleiben, wo sie sind, nämlich in ihren misslichen Lebensumständen, um nicht auf die Idee zu kommen, die Herrschaft ihrer Obrigkeit anzuzweifeln oder gar gegen sie aufzubegehren.

Was es heute ist

Heutzutage ist das Patriarchat die „herrschende“ und normative Gesellschaftsform, wie die Bezeichnung „herrschend“ schon sagt. Dennoch haben sich bis heute einige matrifokale Kulturen erhalten, wie z. B. die der Mosuo in China. Doch besonders die „hochzivilisierte“ westliche Welt ist schwer von dieser Krankheit befallen, die von einigen treffend als Patriarchose bezeichnet wird. Sie ist eine Gehirnwäsche, die die Menschen in einem kollektiven Stockholm-Syndrom gefangen hält. Weil die Menschheit sich seit Jahrtausenden in der Praxis des Patriarchats übt, ist es als das, was es wirklich ist, für heutige Menschen in seiner ganzen Tiefe und seinem Ausmaß nicht erkennbar. Allenfalls nehmen sie noch die Spitze des Eisbergs, unübersehbar in der Kapitalisierung, der neoliberalen Wirtschaftsordnung oder als Gender Pay Gap wahr, oder vielleicht in der unübersehbaren Frauenunterdrückung in Indien oder in islamischen Staaten. Die Probleme in den westlichen Ländern, die sich in subtilem Alltagssexismus, Prostitutionsliberalisierung oder Familienbenachteiligung auf dem Arbeitsmarkt zeigen, werden gern als First World Problems verharmlost.


Auswirkungen

Frauenunterdrückung

Das Patriarchat schadet Männern wie Frauen. Warum auch den Männern, die es ja am Anfang der neolithischen Kulturrevolution installiert haben? Da Frauen in der Paarungsfamilie, heute als Ehe institutionalisiert, in ihrer freien Sexualität stark eingeschränkt wurden, konnten auch Männer die ihre nicht mehr naturgemäß ausleben. Weil der Mann annimmt, Frauen hätten ihm zu Willen zu sein, was z. B. Ausdruck in der Prostitution findet, die nicht das älteste Gewerbe der Welt, sondern das Gewerbe des Patriarchats darstellt, kann er seinerseits nicht mehr der sich hingebende Geliebte einer Frau sein. Statt dessen nimmt er sich habgierig und mit Gewalt (und/oder mit Geld) das, was er ohne Gewalt auch freiwillig und auf Augenhöhe bekäme, würde er die Frauen nicht als Objekte betrachten, sondern als ebenbürtige Menschen in all ihrer Würde. Weil er das aber gar nicht mehr kann durch die gesellschaftlich installierte Anspruchshaltung auf Gewährung des Beischlafs in der Ehe, leidet er unwissentlich trotz seiner Privilegien. Die Ehe zwingt die Frau, ihm, und nur ihm willig zu Diensten zu sein. Dies kann nicht funktionieren, weil alles unter Zwang, und nichts anderes ist die Institution Ehe, nur unter Widerwillen geschieht. Es ist erst 49 Jahre her, dass der Bundesgerichtshofs in einem Urteil von 1966 diese Unterwerfung der Ehefrau staatsgewaltlich einfordert:

Urteil 1966
Es ist noch gar nicht lange her, da wurde tatsächlich von der Ehefrau Opferbereitschaft verlangt, dem Mann nicht nur ständig zur Verfügung zu stehen, sondern dies auch noch lustvoll zu tun. Die Vergewaltigung in der Ehe wurde erst 1997 strafbar. Das ist so lange her wie mein jüngerer Sohn alt ist!

Durch seine eigene Überhöhung und Abwertung der Frau entwürdigt der patriarchale Mann sich selbst. Doch um gleich dem Pauschalisierungsvorwurf vorzubeugen: Selbstverständlich gibt es Männer, die nicht in den Puff gehen, die Frauen nicht als Objekt sehen oder sich nicht mit Gewalt holen, was ihnen ihrer Meinung nach zustünde. Ich schreibe hier von den schädlichen Auswirkungen des Patriarchats, das trotz seiner umfassenden Durchdringung der menschlichen Gesellschaft diese dennoch nicht vollständig unterjocht hat („Joch“ nennt man das Geschirr, mit dem Zugtiere, vornehmlich Ochsen, vor Wagen eingespannt wurden), denn es gibt auch heute noch matrifokal lebende Naturvölker, die allerdings durchweg patriarchal mehr oder weniger kontaminiert sind.

Sprache

Wer sich die deutsche Sprache genauer ansieht, stellt zudem fest, wie vermännlicht sie ist. Nicht umsonst fordern Feministinnen eine gegenderte Schreibweise, um beide Geschlechter einzubeziehen. Das generische Maskulinum schließt notorisch die Frauen aus. Das männliche ist die Norm, das weibliche die Ausnahme. Befindet sich in einer Gruppe von z. B. Sängerinnen nur ein einziger Mann, sind damit automatisch alle Individuen Sänger.  Aber auch Worte wie Herrschaft lassen keinen Zweifel darüber, wer in dieser Gesellschaft das Sagen hat. Daran ändert auch die Herrin nichts.

Psychologie

Eine patriarchale Gesellschaft lässt sich am Umgang der Menschen untereinander erkennen. Statt Empathie, Freundlichkeit, Aufgeschlossenheit und Offenheit, Gastfreundschaft, Mitgefühl und liebevollem Umgang untereinander sind Machtstreben, Eigennutz, Egoismus, Kaltherzigkeit, Bedürftigkeit, Isolation, Gewalt, Leid, Verantwortungslosigkeit sich selbst und anderen gegenüber, gepaart mit verletzten Selbstwertgefühlen und Minderwertigkeitskomplexen sichtbar. Patriarchale Denkmuster und ideologisch verblendete Menschen sind erkennbar an diesen Verhaltensmustern: Verleugnung, schwammige Formulierungen, Spieß umdrehen bei Kritik, Diskriminierungsvorwürfen, Sich-lustig-machen, Benutzen von Totschlag-Argumenten, Abwertungen und Diffamierungen. Besonders Männer, die mit ihren dem Patriarchat zu verdankenden unverdienten Privilegien konfrontiert werden, neigen dazu, (nicht nur) verbal um sich zu schlagen. Hier ein schönes Beispiel aus einer G+Diskussion, in der ich einigen Herren mal wieder zu sehr auf die Füße getreten bin mit meinen Ansichten:

Dieser Herr hätte es doch bitte gern, dass alles so bleibt wie es ist und die Frauen einfach mal die Klappe halten.
Dieser Herr hätte es doch bitte gern, dass alles so bleibt wie es ist, um weiterhin Spaß zu haben, und dass nervige Frauen wie ich einfach mal die Klappe halten. Übrigens ist meine Zimmerdecke aus Rigips, ich brauche keine HILTI.

Umwelt und Natur

Die fortschreitende Zerstörung der Erde ist die sichtbarste Auswirkung des Patriarchats, auch wenn sie zunächst gar nicht unmittelbar mit ihm in Verbindung gebracht wird. Umweltzerstörung ist die Folge von Überbevölkerung in Verbindung mit Wirtschaftswachstum und Kapitalismus. Dass die Erde dermaßen von der Spezies Mensch übervölkert ist, liegt im patriarchalen Glauben, dass viele Nachkommen zu haben ein Reichtum sei, begründet auf dem Bestreben, das Privateigentum zu vererben, vornehmlich an die Söhne. Die Isolation der Frauen hatte zudem zur Folge, dass sie über ihre Sexualität nicht mehr bestimmen konnten und somit weit mehr Schwangerschaften ertragen mussten, als es ihnen natürlicherweise zugemutet wurde. Die patriarchale und hierarchische Kultur ist die Feindin der (egalitären) Natur.

Feminismus

Der Widerstand gegen die unsägliche Benachteiligung und Unterdrückung von Frauen seit Anbeginn des Patriarchats formiert sich seit rund hundert Jahren und findet im Feminismus Ausdruck. Ohne näher auf die Geschichte des Feminismus einzugehen, hier ein paar Strömungen, die sich heutzutage besonders in den intellektuellen westlichen privilegierten weißen Oberschichten (!) manifestieren:

Liberaler Feminismus: Die Anhängerinnen engagieren sich gegen Alltagssexismus, richten aber ihre Ziele danach aus, wie Frauen am geschicktesten in der neoliberalen Gesellschaft überleben können. Sie fordern dieselben Rechte ein, die Männer haben, und finden, dass es lohnend sei, in einer Welt aus Finanzmärkten, Kapitalismus und Arbeitsmarkt ein gutes Leben zu führen. Deshalb finden sie Prostitution empowernd, weil sie denken, sie sei für Frauen eine prima Chance, ihre Sexualität auszuleben und dafür auch noch Geld zu nehmen, erkennen aber den Sexismus und vor allem die Menschenfeindlichkeit und Würdelosigkeit darin nicht. Außerdem stehen sie auf dem Standpunkt, dass Väter auch Rechte hätten, ohne zu erkennen, dass diese sich bereits seit vielen tausenden Jahren Rechte herausnehmen, die ihnen natürlicherweise gar nicht zustehen (nur kultürlich, die also erst im Nachhinein geschaffen wurden). Sie wollen das Patriarchat abschaffen, ohne dessen Tragweite zu sehen und ohne zu erkennen, dass sie mit ihrer Einstellung dieses umso mehr untermauern und stärken.

Queerfeminismus: Anhängerinnen sind der Ansicht, Geschlecht sei nicht angeboren, sondern sozial konstruiert:

Mit Geschlecht meine ich Sex und nicht Gender, weil Gender ein patriarchalisches Konstrukt ist. Jeder Mensch könne selbst entscheiden, welches Geschlecht er/sie hat. Die Begriffe Mann und Frau vermeiden sie, da sie diese für polarisierend und stereotyp halten und alle Geschlechtsformen, die dazwischen existieren, angeblich ausklammern. Es wird nicht mehr von „Frauen“ gesprochen, sondern von „Menschen mit Uterus“ oder „schwangerwerdenkönnenden Menschen“. Mutterschaft ist problematisch, da diese nach ihrer Ansicht nur eine „Rolle“ darstellt. Damit agieren sie ganz im Sinne des Patriarchats: Mütter sollen keine alleinige Macht mehr haben über das Leben, denn Papa kann auch stillen. Dass der Mensch ein Säugetier ist und wie bei allen Säugetieren die Weibchen die Jungen austragen und aufziehen, wird ignoriert.

shemale
Trans*woman / shemale

Transgendermenschen, die sich z. B. von einem Mann zu einer Frau haben umwandeln lassen, sehen sich davon jedoch diskriminiert. Letztere behaupten darüber hinaus steif und fest, sie seien Frauen, auch wenn sie weiterhin einen Penis besitzen und damit sogar angeben (die Zeichnung links habe ich von einer Transwoman auf Twitter geklaut, der öffentlich mit seinem „big dick“ prahlte und darüber hinaus allen, die nicht seiner Meinung waren, ein „Sterben im Feuer“ wünschte). Frauen, die zu Männern transformieren, gehen mit dem Thema weitaus reflektierter um.

Radikaler Feminismus: Dieser Ansatz geht von allen am tiefsten, scheitert aber oft an gesellschaftlichen Tabu-Themen wie z. B. Islamkritik. Ganz schnell geraten radikale Feministinnen unter das Rassismus-Totschlagargument aus ihren eigenen Reihen, wenn sie z. B. das Tragen von Kopftüchern als ein Merkmal der Frauenunterdrückung des Islam kritisieren. Dann demonstrieren sie ängstlich ihren Antirassismus, in dem sie allzu kritischen Frauen Rassismus vorwerfen. Sie haben noch nicht erkannt, dass die monotheistischen Religionen, wie der Islam eine ist, dazu dienen, die sexuelle Freiheit der Frauen zu unterdrücken und sie in die Isolation zu bringen. Da können gläubige Kopftuchträgerinnen noch so sehr behaupten, sie übten nur ihre Religion aus. Ja, das tun sie, aber sie untermauern damit gleichzeitig das Patriarchat, ohne dass es ihnen bewusst ist.

Allen diesen feministischen Ansätzen, das Patriarchat zu überwinden, ist eines gemein: Sie gehen nicht an die Wurzel. Die Urdiskriminierung ist die der Frau durch das Patriarchat, alle anderen folgten daraus. Wer sich also auf einem der Nebenkriegsschauplätze austobt, wird sich verausgaben ohne eine wesentliche Veränderung zu bewirken, denn wie bei einer Hydra, bei der nach Abschlagen eines Kopfes zwei neue nachwachsen, zeigen sich immer neue Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen, die es „abzuschlagen“ gilt. Gerade kürzlich bekam ich mit, dass Dreadlocks bei weißen Menschen eine Diskriminierung und kulturelle Vereinnahmung der schwarzen Rastafari-Bewegung sei und dass privilegierte Weiße es gefälligst zu unterlassen haben, sich die blonden Haare zu verfilzen, weil sie damit unterprivilegierte Schwarze verhöhnten, genau wie beim Blackfacing. Dass dies ausgerechnet von den weißen studierten privilegierten intellektuellen Feministinnen kommt und nicht etwa von den schwarzen Menschen selbst, ist ein gutes Erkennungszeichen: Beim Abschlagen dieses vermeintlichen Hydra-Kopfes „Rassismus und kulturelle Vereinnahmung“ zeigen sich sofort zwei neue grinsende des Patriarchats: Die Entsolidarisierung von Frauen untereinander und die Ablenkung des Fokus vom eigentlichen Übel, nämlich der Frauendiskriminierung. Auch weiße Frauen sind Frauen und werden in ihrer Gesellschaft diskriminiert und benachteiligt, insbesondere die Mütter. Es ist besonders traurig und ein triefender Sarkasmus des Patriarchats, dass diese sich für ihr Weißsein auch noch rechtfertigen müssen, und zwar ausgerechnet gegenüber Feministinnen.

Außerdem fehlt in der heutigen feministischen Bewegung die Komponente Biologie, denn leider wird immer, wenn sie ins Spiel kommt, unweigerlich Biologismus unterstellt, der aber auch wieder nur eine Konstruktion des Patriarchats ist, um die Biologieargumente als Müll zu entsorgen.

Sehen wir uns die biologischen Gegebenheiten des Menschen genauer an. Es verhält sich natürlicherweise bei vielen Tierarten und auch beim Menschen so, dass dasjenige Geschlecht, das den höheren Elternaufwand hat, in der Natur den Partner wählt. Das ist in den allermeisten Fällen das Weibchen, beim Menschen also die Frau (female choice). Es steht der Frau also natürlicherweise (kultürlicherweise dann nicht mehr) zu, ihren Sexualpartner frei und selbstbestimmt zu wählen. In der Altsteinzeit wurden durch den matrifokalen Zusammenhalt der Frauen in der Sippe männliche Übergriffe auf Weibchen unterbunden. Doch haben sich im Laufe der Patriarchatsgeschichte die Männer mehr und mehr das alleinige Recht genommen, ihre Sexualität frei auszuleben, während das der Frauen eingeschränkt wurde. Aber auch heute noch spüren Frauen, dass sie sexuell massiv eingeschränkt sind und versuchen, sich ihre Selbstbestimmung zu erhalten. Selbst der klägliche Versuch einiger weniger ständig in Talkshows auftretenden „glücklichen Sexarbeiterinnen“, die Prostitution als empowernd und befreiend zu verkaufen, ist im Grunde nichts anderes, als das unbewusste Einfordern des den Frauen natürlicherweise zustehende Recht auf ihre freie Wahl des Sexualpartners. Dass damit das Prostitutionsgeschäft und so die Versklavung tausender osteuropäischer Frauen einher geht, ist der Missbrauch des Patriarchats, der von den ProstitutionsbefürworterInnen billigend, und damit patriarchatserhaltend und -untermauernd in Kauf genommen wird.

Der eigentliche Zweck und seine Mittel

Auf den Punkt gebracht dient das Patriarchat dazu, die Frauen zu isolieren, sexuell zu kontrollieren, ihnen ihre sexuelle Selbstbestimmtheit zu nehmen (female choice), Kontrolle auf ihre Kinder auszuüben, besonders auf die Söhne, die Vaterschaft aufzuwerten und die Mütter zu schwächen. Es ist klar, welchen Menschen das nützt: Den Besitzenden, Mächtigen und Herrschenden. Im heutigen Patriarchat sind das keineswegs mehr nur Männer, auch Frauen können die glühendsten Erzpatriarchen sein. Das Instrument dazu ist die Institution Ehe, die gerade in heutiger Zeit lieber nicht in Frage gestellt wird, da sie unter dem Slogan „Ehe für alle“ auch von homosexuellen Menschen eingefordert wird. Stellt man jedoch die Ehe in Frage, bekommt man in diesem Zusammenhang zu hören, anmaßend und homophob zu sein. Einer der hinterhältigen und leider wirkungsvollen Tricks des Patriarchats, zu verhindern, sein bestes Unterdrückungsinstrument in Frage zu stellen, aber vor dem heutigen zeitgemäßen Wunsch, die Diskriminierung homosexueller Menschen zu bekämpfen, ist genau deshalb nicht erkennbar. Diese Art von blinden Flecken finden sich zuhauf: Vermeintliche Befreiung der Frauen in der Prostitution, vermeintlicher Rassismus und Islamophobie beim Kritisieren des Islam, vermeintlicher Männerhass bei Benennung vom Sexismus und vieles mehr.

Ein verstörendes Beispiel

Patriarchalisch konditionierte Menschen, Männer wie Frauen, dienen unbewusst und zwangsläufig dem System, ob sie wollen oder nicht, auch dann, wenn ihre Intention eigentlich ist, das Patriarchat abzuschaffen. Deshalb ist es fast unmöglich, dass sich Frauen mit unterschiedlichen Bewusstseinszuständen untereinander solidarisieren können, sondern sich gegenseitig bekämpfen. Das macht selbst bei denen nicht halt, die sich nach eigener Aussage schon Jahrzehnte lang aktiv mit Patriarchatskritik beschäftigen. Im Patriarchat geht es um Machtausübung über andere, der selbstverständlich auch Frauen erliegen. Hier ein verstörendes Beispiel, wie ausgerechnet eine Patriarchatskritikerin auf meine beiden Texte „Problematische Verhaltensweisen“ und „Begegnung auf Augenhöhe“ reagiert:

Diese Frau hat nicht nur meine Texte und Intentionen komplett missverstanden, sie meint, genau zu wissen, wie tief ich selbst noch im Patriarchat stecke. Sie macht das fest an meiner Eigenschaft als klassische Sopranistin. In ihrer vermeintlichen mütterlichen Autorität, die nichts anderes ist als Machtausübung, meint sie, sich über mich erheben zu können und ich ihre Unterstellungen und Abwertungen, die sie als Ehrlichkeit euphemisiert, als Chance zu sehen und dafür auch noch dankbar zu sein hätte. Sie unterstellt mir einen Opferstatus, aus dem ich nicht heraus wolle und den ich mit meinen Texten zu rechtfertigen suche, schlimmer noch, den Tätern damit auch noch Schutz zu gewähren (das Gegenteil ist der Fall). Und sie ist sich nicht zu schade, mich und meine Musik öffentlich zu diffamieren („Lieb-Mädchen-Gedödel“ ist schlicht eine Unverschämtheit). Als Krönung zitiert sie auch noch jene Person, die sie vorher als VerräterIn beschimpfte und in schamloser Weise verleumdete, in dem sie deren persönlich an sie gerichtete Mail öffentlich stellte, abwertende Spekulationen über sie verbreitete und ihr durch Blocken keine Chance zur Klarstellung gab.

Übergriffiger kann sich jemand kaum verhalten. Dieses Beispiel zeigt überdeutlich, wie schwer es ist, den patriarchalen Kontaminierungen und Unterwanderungen zu entgehen. An dem Kommentar können aufmerksame Leserinnen meines Blogs eine ganze Palette an problematischen Aussagen erkennen und wer sich hier als eindeutige Täterin outet. Interessant auch immer wieder zu beobachten, dass sich Leute ein Urteil erlauben über eine Person aufgrund der Informationen, die diese Person von sich preisgibt, ohne zu berücksichtigen, dass das nur ein Milliardstel von dem ist, was diese Person wirklich ausmacht. In meinem Fall werde ich auf den Status „klassische Sängerin, die zu doof ist, die christlichen Texte, die sie singt, im patriarchalen Kontext zu durchschauen“ reduziert. Dass ich Ingenieurwesen studiert habe und damit der Wissenschaft näher bin als es den Anschein hat, ahnt der gesamte (ausschließlich weibliche!) Mob, der aufgrund des obigen Urteils danach tagelang über mich herzog, nicht im entferntesten.

Doch bei allem Kopfschütteln über so viel Ignoranz und Empathielosigkeit: Es ist das Patriarchat, das uns Frauen zu solchen Aktionen verleitet, sind wir doch seit Jahrtausenden in einer kollektiven Zwangslage. Meistens passiert so etwas, wenn Angst im Spiel ist, irgend etwas zu verlieren, z. B. Kompetenz (und die Macht, die damit verbunden ist). Deshalb entschuldige ich das Verhalten dieser Frau zwar nicht, aber erkläre es damit, dass sie eben wie die meisten Menschen, genau wie ich selbst lange Zeit auch (und wahrscheinlich sogar auf manchen Gebieten noch immer), patriarchalen Verhaltensmustern unterliegt. Als Patriarchatskritikerin hat sie sich damit für mich disqualifiziert, widerspricht sie doch mit so einem Verhalten ihrem eigenen Anspruch. Ich finde das ziemlich ärgerlich, denn es ist mal wieder ein Tiefschlag gegen die Bemühungen, das Patriarchat bloßzustellen, und zwar ausgerechnet dort, wo der Ansatz eigentlich äußerst vielversprechend ist, nämlich in der Klarstellung der Menschheitsgeschichte; andererseits aber auch ein typisches Beispiel dafür, warum auch hier der Versuch scheiterte, einen gemeinsamen Konsens zu finden und warum das Patriarchat mal wieder gewonnen hat. Deshalb ist es so enorm wichtig, sich nicht nur diese problematischen patriarchalischen Verhaltensweisen bewusst zu machen, sondern wirklich nicht einen einzigen Aspekt zu übersehen. Andernfalls ändert sich gar nichts, im Gegenteil, der Patriarchats-Hydra wachsen immer mehr Köpfe.

Resumee

Das Patriarchat nachhaltig abzuschaffen setzt das umfassende und kollektive Erkennen und Verstehen voraus. Wird auch nur ein Aspekt nicht erkannt, besteht die Gefahr, in genau die Falle dieses Aspekts zu tappen (der abgeschlagene Hydra-Kopf wächst doppelt nach). Das Patriarchat zu bekämpfen ist in der Tat nichts für Dünnbrettbohrer, denn es ist ein dickes Brett. Ein verdammt dickes Brett: Es verschleiert und tarnt sich, wo es nur geht. Noch sind die in der Mehrzahl, die die Benennung des Patriarchats in all seinen Facetten als Verschwörungstheorie abtun und es auf vielen Ebenen verleugnen. Doch es reicht nicht, ein Gebirge abtragen zu wollen, in dem man am Fuß eines Berges kratzt, denn das Patriarchat ist schlau. Es versteht brilliant, alle Bemühungen, die Frauen aus ihrer Isolation und in ihre ursprüngliche und natürliche Kraft und Stärke zurück zu bringen, damit die Natur und die Erde zu retten und allen Menschen (ja, auch den Männern!) ein würdiges Leben zu ermöglichen (und nur darum geht es letztendlich!), für seinen Zweck zu missbrauchen.

Dieser Zweck ist, den Status Quo zu erhalten. Koste es was es wolle.

Weiterführende Quellen:
Gerhard Bott: "Die Erfindung der Götter", www.gerhardbott.de
Gabriele Uhlmann: "Archäologie und Macht",  www.gabriele-uhlmann.de
Sarah Blaffer Hrdy: Mütter und andere
Stephanie Gogolin: Alltag